Schwieriger Partner

Zum EU-Afrika-Gipfel

Europa ist ernüchtert. Dabei war es immer eine Illusion zu glauben, dass ein zweitägiges Treffen der Staats- und Regierungschefs reichen würde, um aus einem von Terror, Hunger, Elend, Kriegen, Umweltschäden und Misswirtschaft zerstörten Kontinent ein Paradies zu machen, aus dem niemand mehr fliehen will. Der Aktionsplan, den die Europäer den Afrikanern angeboten haben, steckt voller guter Absichten. Aber was sollen 1,8 Milliarden Euro zusätzlich ausrichten, was man nicht schon mit 20 Milliarden jährlicher Entwicklungshilfe aus der EU hätte schaffen können?

Also wollte man die positiven Beispiele, die es in Afrika zusehends mehr gibt, bestärken, um die Regime, die noch immer mit Gewalt und Ausbeutung herrschen, auch zu motivieren. Aber die EU-Vertreter mussten einmal mehr lernen, dass Afrika kein einfacher Partner ist, den man regelrecht einkaufen kann. Selbst der Kampf gegen die kriminellen Schlepperbanden ist ein Thema, für das man weniger bewaffnete Einheiten als eine sinnvolle Entwicklungs- und Wirtschaftshilfe braucht. All das hätte die EU allerdings auch schon früher wissen und etwas ändern können. Doch das sagt sich leichter als es in der politischen Praxis ist. In Malta saßen Reformer wie der senegalesische Staatspräsident Macky Sall mit am Tisch, der richtig erkannte: "Unsere Berufung ist es, Afrika zu entwickeln und nicht, Flüchtlinge nach Europa zu schicken." Doch aus den Ländern, in denen solche verantwortungsvollen, demokratisch geschulten Reformpolitiker regieren, flieht man nicht.

Die meisten Gewaltherrscher und Diktatoren, vor denen Menschen in Todesangst flüchten, fehlten in Malta. Sie sollen keine finanzielle Unterstützung bekommen. Das ist natürlich konsequent. Aber eben auch ineffizient. Denn die Asylbewerber stammen aus deren Ländern. Insofern bleibt, was Europa tun konnte und erreichen will, auf eine widersprüchlich erscheinende Weise politisch richtig, aber eben auch wirkungslos. Dabei kann die Union nicht allein den zweitgrößten Kontinent der Welt und den Lebensraum von 1,1 Milliarden Menschen alleine so umbauen, dass niemand mehr einen Grund hat, seine Heimat zu verlassen.

Aber man kann wenigstens versuchen, die Schicksale derer, die nicht länger in ihrem Land leben können, zu verbessern. Schutzprojekte für Frauen und Kinder, Arbeit für alle - all das ist gut und wichtig. Doch Projekte hat Afrika in den zurückliegenden Jahrzehnten genug bekommen. Es fehlt die Ausweitung, der Schritt von der Einzelmaßnahme zum Normalfall, damit nicht nur die gut aufgehoben sind, die Teil eines solchen begrenzten Programms geworden sind. Dazu brauchen die Staaten des Kontinents aber nicht nur Geld, sondern auch politische und vor allem ökonomische Teilhabe am Weltmarkt - und wirtschaftliche Großmächte, die sie darin unterstützen. Die EU gehörte viel zu lange nicht dazu.

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