Kommentar Große Koalition - Kalt und progressiv

Große Koalition? Dann mal zu. Die Kraft dazu sollte sie haben. Und den politischen Willen auch. CDU, CSU und SPD könnten endlich das Steuerphänomen der kalten Progression entsorgen.

Es wäre ein Dienst für die Kaufkraft und im Sinne von Millionen Arbeitnehmern, die bei einer Gehaltserhöhung vom Staat bisher allenfalls damit belohnt werden, dass sie noch mehr Steuern bezahlen als zuvor. Wer das will?

Wohl wahr, der Staat holt sich in der Mitte der Gesellschaft, bei den Leistungsträgern, einen großen Teil seiner Einnahmen. Die kalte Progression heißt so, weil sie genau das ist: kalt und progressiv. Man merkt sie kaum, aber sie wirkt. Weg ist das Plus bei Lohn oder Gehalt.

In einer Phase von Steuereinnahmen in Rekordhöhe könnte gerade eine große Koalition das Quäntchen Mut aufbringen, um das ohnehin schon länger diskutierte Ende dieses unlogischen, aber doch reparablen Steuerprinzips einzuleiten. Man verschiebe den Eingangssteuersatz nach rechts, ebenso den Spitzensteuersatz, schon bliebe mehr vom Lohnplus beim Facharbeiter.

Ohne Steuern kein Staat, schon richtig. Doch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble steht mitnichten vor der Situation, eine klamme Republik bedienen zu müssen. Deutschland ist reich, die Staatseinnahmen sprudeln wie nie. Und die kalte Progression ist ein objektives Ärgernis.

Wer der Mitte zurückgibt, wird woanders nehmen. Womöglich bei den Spitzenverdienern. Das Geschrei ist programmiert. Die Entscheidung darüber nicht.

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