Kommentar Deutschland und die Weltgemeinschaft - Hingucken, mitmachen

Der Besuch des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon erst in Berlin, Freitag in Bonn und dann in München macht schlagartig deutlich, was in der Bundesrepublik noch nicht richtig ins Bewusstsein geraten ist: Deutschland spielt in den Vereinten Nationen eine neue, eine wichtige Rolle.

Vergessen die Zeiten, da beide deutsche Staaten vorsichtig an die Tür klopfend Aufnahme in die Weltgemeinschaft fanden. Spät, aber nicht zu spät. Wie auch jetzt wieder. Deutschland ist mittlerweile der drittgrößte Beitragszahler der Weltorganisation. Sein formaler Einfluss entspricht dem jedoch überhaupt nicht. Denn die Vereinten Nationen sind, so hilfreich ihre Arbeit auch ist, ein schwerfälliges Unternehmen. Und sie sind nicht frei in ihrem Handeln.

Das wird am deutlichsten in der überfälligen Reform ihres wichtigsten Gremiums, des Weltsicherheitsrats. Er spiegelt in seiner Zusammensetzung überhaupt nicht mehr die realen Gewichte in der Welt - das Fehlen Deutschlands ist dabei nur ein Mosaikstein. Hauptschuldiger an diesem Missstand sind die USA, die sich gegen Veränderungen im Rat bis heute wehren.

Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Genauso richtig ist nämlich, dass die Zeit über den Wunsch etwa der Deutschen, Mitglied im Sicherheitsrat zu werden, eigentlich schon hinweggegangen ist. Eine moderne Reform des Gremiums müsste die EU in den Blick nehmen. Sie, die Union, gehört als Vertreterin Europas an den Tisch in New York, nicht weitere Einzelmitglieder.

[kein Linktext vorhanden]Doch solange die Realität so ist, wie sie ist, bleibt das Zukunftsmusik. Wegen der USA, aber auch wegen der Uneinigkeit der Europäer in dieser Frage. Umso bedeutsamer ist es, dass die Bundesregierung sich ihrer Verantwortung in der Weltgemeinschaft stellt. Nicht nur durch Geld, sondern auch durch Engagement, auch durch militärisches.

Die Zeit des Wegduckens, des Sichheraushaltens ist ein für allemal vorbei. Mitmachen heißt die neue Devise. Das muss aber auch heißen: sich einmischen, mitbestimmen wollen, dem Primat der Politik vor dem Militärischen zum Durchbruch verhelfen. Zurückhaltung in dem Sinne, dass man nur das ausführt, was andere entscheiden, kann die Devise nicht sein. Bundespräsident Joachim Gauck hat das gestern detailliert und überzeugend begründet.

Auch für Bonn hat diese neue Rolle der Bundesrepublik eine wesentliche Bedeutung. Das zunächst belächelte Engagement der Stadt, UN-Institutionen an den Rhein zu holen, ist genau die richtige Zukunftsperspektive, stabilisiert die Region. Gefährlich für die Entwicklung wäre, wenn die Bonner die UN-Perspektive für selbstverständlich hielten. Neue Freunde muss man pflegen, ihnen auch durch fantasievolle Ideen zeigen, dass sie willkommen sind. Ein Kongresszentrum reicht dafür nicht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Nicht ohne Nachteil
Kommentar zur Wahlrechtsreform Nicht ohne Nachteil
Zum Thema
Aus dem Ressort