Kommentar Der Fall Mollath - Im Zweifel

Der Fall Gustl Mollath taugt nicht zu dem, zu dem er immer mehr gemacht wird: zum Justizskandal. Sehr wohl taugt er aber als Beispiel, das einen am Rechtsstaat zweifeln, gar verzweifeln lässt.

Gustl Mollath sitzt seit sieben Jahren in der Psychiatrie. Aufgrund richterlichen Beschlusses. Die Wiederaufnahme dieses Verfahrens haben die Richter am Mittwoch abgelehnt, mit der Begründung, Fehler im Ursprungsverfahren oder Sorgfaltsmängel reichten dafür nicht aus.

Das mag formaljuristisch korrekt sein, ist aber angesichts der entstandenen Lage genau der entscheidende Fehler. Man fühlt sich hier an die unsäglichen Korrektheiten bei der Herstellung der Öffentlichkeit im NSU-Verfahren in München erinnert.

Wenn es im Verfahren gegen einen Menschen so viele Zweifel, Ungereimtheiten, Unterstellungen und Mängel gibt wie im Fall Mollath, hilft nur eines, um das zu heilen: Öffentlichkeit - und damit ein neues Verfahren.

Der Fall Mollath ist vielschichtiger, als ihn diejenigen darstellen, die daraus einen Justizskandal machen. Das gilt beispielsweise für die Verschwörungstheorien, die darauf hinauslaufen, dass Mollath mundtot gemacht werden sollte, um illegale Bankgeschäfte in Bayern zu verschleiern.

Aber spätestens, seitdem sich die bayerische Justizministerin (endlich) für die Wiederaufnahme stark gemacht hat, müsste doch klar sein: Hier besteht Aufklärungsbedarf. Und wahrscheinlich auch Änderungsbedarf am Gesetz. Aber erst muss Gustl Mollath Gerechtigkeit widerfahren. Dazu gibt es einen guten Grundsatz: Im Zweifel für den Angeklagten!

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