Kommentar Das Wahlprogramm der CDU - Merkel in Spendierlaune

Restbestände von Verunsicherung sind bei der CDU deutlich auszumachen. Man traut den - für die Kanzlerin und Parteivorsitzende - gloriosen Umfragen nicht so recht über den Weg. Denn die Konjunktur könnte kippen, die Euro-Rettung würde an Anhängern verlieren, wenn sie schief geht und Deutschland mit milliardenschweren Summen zur Kasse gebeten würde.

Hinzu kommt das Risiko, dass frühere CDU-Stammwähler sich von ihrer Vorsitzenden abwenden und sich Neugründungen im eher rechtspopulistischen Umfeld anschließen.

Angela Merkel hat sehr viel zu verwirrenden Wegweisungen beigetragen. Die Stichworte sind: Atomausstieg und Energiewende, das Ende der Wehrpflicht, gesellschaftliche wie rechtliche Besserstellung der homosexuellen Paare. So richtig diese Maßnahmen auch gewesen sein mögen: Merkels Handeln steht in erheblichen Widerspruch zu dem traditionellen Weltbild der konservativen Wählerschaft, was übrigens auch mit der mangelnden Kommunikationsfähigkeit der Kanzlerin zu tun hat.

Vier Monate vor der Bundestagswahl umgarnt sie aber nicht nur die verblüffte Partei-Basis. Mit ihren fast 30 Milliarden Euro teuren Vorstellungen will sie tief in die Stammwählerschaft der Oppositionsparteien SPD und Grüne eindringen. Merkels Linksruck? Fast scheint es so. Die erwogene Anhebung des Grundfreibetrages für Kinder auf Erwachsenen-Niveau und eine drastische Erhöhung des Kindergeldes sind Programmpunkte, die Kosten verursachen, aber eben auch die soziale Kompetenz der CDU und ihrer Spitzenkandidatin unter Beweis stellen sollen. Deswegen hält sich Finanzminister Schäuble auch mit Reaktionen unter Verweis auf das ambitionierte Ziel zurück, 2014 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorlegen zu wollen.

Die Sparsamkeit als Ziel muss er nicht dramatisch betonen. Er weiß genau, dass Versprechungen im Wahlkampf keine lange Halbwertzeit haben. Die SPD muss darüber nachdenken, ob Merkel sie links überholen will. Besonders gefährlich ist die wohl deutlichste Kehrtwende der Kanzlerin. Es geht um das Mietrecht. Die Kanzlerin fordert plötzlich eine Mietpreisbremse, damit exorbitante Preiserhöhungen vermieden werden können. Das dürfte in der CDU noch für Wirbel sorgen.

Der liberale Koalitionspartner wird sich sicher nicht hinter Merkels neue sozialpolitische Philosophie stellen. Die FDP wird zwar nicht mehr mit derselben Ruppigkeit gegen die soziale Komponente der Marktwirtschaft ziehen können wie 2009. Im Umkehrschluss heißt dies aber auch, dass eine große Koalition, die sich aus den sozialen Schnittmengen zwischen den beiden Parteien ergibt, wahrscheinlicher wird.

Merkel in der Spendierhose hinterlässt viel Spielraum für Spekulationen.

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