Ein Mann schneller Entscheidungen Der Bonner Matthias Möseler hat das Unternehmen Serco gekauft

BONN · Matthias Möseler war schon öfter im Leben schneller als andere: Im Politik-Studium in Bonn, bei dem er nach sechs Semestern seinen Magister machte. Im Säbelfechten beim OFC Bonn, für den er sieben Mal den Titel des deutschen Meisters holte. Und jetzt beim Kauf eines Unternehmens.

Möseler ist 42 Jahre alt und hat das Bonner Unternehmen Serco erworben, das er seit 2008 als Geschäftsführer führt und jetzt in Steep GmbH umbenannt hat.

Fest verwurzelt ist er in der Region: "Bonn ist meine Stadt." Er könne sich nicht vorstellen, woanders hinzugehen. Vielleicht sei ihm deshalb auch die Entscheidung so leicht gefallen, seinen Hut in den Ring zu werfen, als sich beim britischen Mutterkonzern Serco herauskristallisierte, dass das Deutschland-Geschäft verkauft werden könnte.

Natürlich sei es eine neue Herausforderung, ein Unternehmen mit einem Umsatz von 110 Millionen Euro im Jahr und knapp 700 Beschäftigten nicht nur als angestellter Geschäftsführer, sondern als Inhaber zu leiten, aber: "Aus Angst vor dem Tod darf man nicht auf Zehenspitzen durch das Leben gehen." Ehrgeiz gehöre natürlich auch dazu: "Wer Leistungssport betreibt, möchte nicht Zweiter werden", sagt Möseler, der als Säbelfechter auch für die deutsche Nationalmannschaft antrat.

Nach dem Studium arbeitete Möseler zunächst einige Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Bundestag. Zuletzt leitete er das Büro des baden-württembergischen CDU Abgeordneten Franz-Xaver Romer. Da er den Umzug des Bundestages nach Berlin nicht mitmachen wollte, sei er in eine SAP-Beratung gewechselt.

Später wurde er Geschäftsführer der HumanIT Software GmbH, einer Ausgründung des Fraunhofer Instituts. Nach der Insolvenz 2002 wurde HumanIT 2003 von der ProAlpha AG übernommen. Möseler blieb Geschäftsführer. Im Juni 2007 wechselte er zu Serco, wo er im Januar 2008 Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Betatech und im Juni Geschäftsführer des gesamten Deutschland-Geschäftes wurde. "Als die Briten mich fragten, ob ich Geschäftsführer werden will, habe ich mich nicht darum gerissen." Eigentlich habe er zu diesem Zeitpunkt nämlich eher im Kopf gehabt, für Serco ins Ausland zu gehen.

Zu Beginn des Jahrtausends engagierte sich der promovierte Politikwissenschaftler in der Bonner CDU. Damals wurde die Partei gerade vom Korruptionsskandal um Ex-Ratsfraktionschef Reiner Schreiber erschüttert. Er habe dazu beitragen wollen, die Partei aus der Krise zu führen. Kurz nach seinem Eintritt in die CDU im November 2002 bewarb er sich bereits im Juni 2003 um den stellvertretenden Vorsitz der Bonner CDU, unterlag aber.

"Ein politisches Talent", würdigte ihn der damalige Landtagsabgeordnete Helmut Stahl. Im Dezember 2004 bewarb er er sich gemeinsam mit Axel Voss um den Vorsitz der Bonner CDU, unterlag aber wiederum knapp. Als ihm von Parteigranden einige Jahre des Wohlverhaltens nahegelegt worden sei, um dann weiter Parteikarriere zu machen, sei das aber nicht seine Sache gewesen. Kurz danach trat er aus der Partei aus.

Ganz nebenbei hat der 1969 in Geislar geborene Möseler 2006 auch noch ein Lied zur Fußball- Weltmeisterschaft getextet. Gemeinsam mit dem Komponisten Herbert Niesen hat er es auf CD herausbracht. Denn neben der Musik gilt dem Fußball eine weitere seiner Leidenschaften. Er ist ein engagierter Förderer des Bonner SC.

Als Mann schneller Entscheidungen hat sich Möseler bei der Übernahme von Serco gezeigt. Im Februar kam dem Vater von zwei Kindern erstmals die Idee des Kaufs. Bis Ende Juni sei alles abgewickelt gewesen. Die Finanzierung des Kaufs hinzubekommen, sei kein Problem gewesen. Das liege wohl auch an der öffentlichen Hand als großem Kunden. Außerdem: "Die Engländer haben dabei wie Gentlemen geholfen." Serco ist auch deshalb bekannt, weil es seit 2005 Aufgaben in der teilprivatisierten Justizvollzugsanstalt Hünfeld in Osthessen übernommen hat. Außerdem übernimmt das Bonner Unternehmen viele Dienstleistungen für die Bundeswehr, wie den Betrieb militärischer Radarsysteme.

Die deutsche Gesellschaft setze neben Dienstleistungen auch auf das Produktgeschäft. So hat Serco mit dem Solartechnikspezialisten Isomorph ein Linearspiegelsystem als eine Weltneuheit vorgelegt. Dahinter verbirgt sich die Idee, Sonnenlicht mit Spiegeln so zu bündeln, dass sich die Energie zur Wärmegewinnung nutzen lässt. "Wir werden bislang aber nicht als Firma wahrgenommen, die so etwas macht." Jetzt sei Steep so etwa wie ein 50-jähriges Start-up-Unternehmen.

Möseler legt großen Wert darauf, mit gut eingearbeiteten Beschäftigten zusammenzuarbeiten. Da Steep für sensible Kunden wie die Bundeswehr und die Einkaufsorganisation der NATO tätig sei, sei ihm die langfristige Mitarbeiterbindung wichtig.

Das will er ab kommenden Jahr auch durch die Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmen fördern. "Meinen Leuten soll es gut gehen." In welcher Form die Beschäftigten am Unternehmen beteiligt werden, ist noch unklar. Bis zu 28 Prozent des Unternehmens werden die Mitarbeiter übernehmen können und damit eine Sperrminorität. Und demnächst will er den Kontakt zur Bonner Verwaltung und Kommunalpolitik aufnehmen. "Wir interessieren uns dafür, den Betrieb des WCCB zu übernehmen." Wenn das skandalumwitterte Kongresszentrum fertiggestellt sei, müsse es ja professionell betrieben werden. Und als Bonner Firma biete sich Steep doch dafür an.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort