Am Bahnsteig ist für Rollstuhlfahrer Endstation

Hans-Peter Spranger kommt in Odendorf nicht in den Zug - Der Wagenboden ist zu weit von der Bahnsteigkante entfernt - DB sieht keine andere Lösung: Zug könnte sonst bei der Einfahrt anecken

  Unüberwindbar:  Mit seinem E-Rollstuhl hat Hans-Peter Spranger keine Chance, in den Zug zu gelangen.

Unüberwindbar: Mit seinem E-Rollstuhl hat Hans-Peter Spranger keine Chance, in den Zug zu gelangen.

Foto: Volker Lannert

Swisttal-Odendorf. Hinweisschilder zeigen Rollstuhlfahrern am Odendorfer Bahnhof den Weg zum Bahnsteig. Für Hans-Peter Spranger ist dort bereits Endstation. Der Odendorfer, der halbseitig gelähmt ist, kommt mit seinem Elektrorollstuhl nicht in den Talentzug. Denn zwischen Bahnsteigkante und Waggonboden liegen rund 30 Zentimeter Luft. Vor einem ähnlichen Problem steht er am Rheinbacher und am Bonner Bahnhof. Beim Aus- oder Einsteigen müsste er dort einen Höhenunterschied von mehr als 20 Zentimetern überwinden.

"Wenn man als Rollstuhlfahrer mit der Bahn fahren will, sieht man alt aus - man kommt nicht mit", sagt Spranger. Fernreisen seien zwar kein Problem. Dann ruft er beim Bonner Bahnhof an und bestellt eine fahrbare Bühne. Damit heben Bahnmitarbeiter den 51-Jährigen mitsamt Rollstuhl in den Waggon. Doch von Odendorf nach Bonn mit dem Zug zu fahren, ist für Spranger kaum möglich. Auch zu seinen Arztterminen in Rheinbach kommt er nicht mit der Bahn. Der Grund: Während die Bahnsteigkante in Odendorf zu weit vom Zugboden entfernt ist, liegt sie in Bonn und Rheinbach zu niedrig. Ein Behinderter in einem Rollstuhl ohne Motor käme vielleicht in den Zug hinein, wenn ihm eine Begleitperson hilft. Mit seinem 120 Kilogramm schweren elektrischen Rollstuhl kann Spranger diese Hindernisse jedoch nicht überwinden.

"Der Abstand zwischen Bahnsteigkante und Zug lässt sich in Odendorf nicht weiter verringern, wenn man nicht mit dem Fahrzeug anecken will", erläutert Torsten Nehring von der Pressestelle der Deutschen Bahn AG in Düsseldorf. Gemeint sind die Talent-Züge. "Die Fahrzeuge fahren nicht gerade, sondern schwanken hin und her", beschreibt Nehring die Bewegungen der Züge während der Fahrt. Dass die Passagiere am Rheinbacher Bahnhof beim Ein- und Aussteigen einen Höhenunterschied von gut 20 Zentimetern überwinden müssen, hat laut Nehring folgenden Grund: "Der Bahnsteig und der Zug sind nicht so kompatibel, wie man sich das vorgestellt hat." Die eine Entwicklung habe die andere überholt, so der Bahnsprecher.

Dass es anders geht, will die Bahn beim geplanten Bahnhof Rheinbach-Ost zeigen. Die Bahnsteige sollen dort die gleiche Höhe haben wie der Zugboden. Für den Rheinbacher Bahnhof gibt es vorerst keine Abhilfe. "Die Bahnsteige in Odendorf und Rheinbach sind gerade erst gemacht worden", so Nehring. Wenn sie verändert würden, müsste die Bahn womöglich Fördermittel zurückzahlen. Auch andere Züge kämen nicht in Frage. Es gebe zwar einen doppelstöckigen Wagen, bei dem ein Teil des Bodens ausfahre und so den Einstieg ermögliche. "Der Vorgang dauert aber so lange, dass der längere Halt den Fahrplan durcheinander bringen würde", so Nehring.

"Wir können nicht jede Person befördern", bittet Nehring um Verständnis. Er empfiehlt Spranger, sich an einen Hilfsdienst zu wenden, der ihn mit einem behindertengerechten Fahrzeug transportiere. Auf diese Möglichkeit macht auch Armin Schürings, Leiter des Bahnhof-Managements in Bonn, aufmerksam. Fahrgäste mit einer Behinderung könnten sich unter (0 18 03) 51 25 12 an die Mobilitätszentrale der Bahn wenden. Dort werde geprüft, ob Bahn-Mitarbeiter den Passagieren beim Einsteigen helfen können. "Dass jemand beim Aussteigen hilft, können wir jedoch nicht gewährleisten", erläutert Schürings. Er bittet die Betroffenen, sich gegebenenfalls an eine karitative Einrichtung zu wenden.

Spranger will jedoch nicht von einem Hilfsdienst abhängig sein. Stattdessen legter die Strecke zu seinem Arzt in Rheinbach lieber mit seinem elektrischen Rollstuhl zurück und ist bei Wind und Wetter pro Fahrt rund eine Stunde unterwegs.

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