Das Cello darf singen

Das Collegium musicum ist seit 1949 Bad Honnefs ganz besonderer Kulturbotschafter - Rolf Beitzel leitet das hochkarätige Ensemble - In der städtischen Musikschule wachsen die Talente heran

Generationen  verbindet das Collegium musicum. Streicherin Adelheid aufm Kampe (Mitte) musiziert dort mit ihrer Mutter und ihren Töchtern.

Generationen verbindet das Collegium musicum. Streicherin Adelheid aufm Kampe (Mitte) musiziert dort mit ihrer Mutter und ihren Töchtern.

Foto: Frank Homann

Bad Honnef. Die wippenden Füße stecken in Sandalen. "Bam, ba-jam-bam, bam-ba", murmelt der Mann, der vorn den Ton angibt. "Eine Spur schneller", treibt er seine Streicher an, die da im Halbkreis vor ihm sitzen, "geflohen" aus der Hitze eines Abends in die Kühle der Aula der Hauptschule, wo sie nun zwei Stunden lang die Saiten ihrer Instrumente zupfend und streichend traktieren.

"Der leichte flockige Schnee", singt der Dirigent, und etwas später: "Da tobten brausend heftige Stürme." Kontrastprogramm zum 30-Grad-Festival des erwachten Sommers draußen, das aber weiß Gott keine Abkühlung verschafft: Auch Musizieren ist schließlich schweißtreibende Arbeit. Dennoch: Es ist die Freude an der Musik, die allwöchentlich eine Schar von rund zwei Dutzend Streichern zusammenführt zum Collegium musicum. Ganze Generationen verbindet es.

Da ist etwa die Familie Walkembach, wo neben Adele Walkembach Tochter Adelheid aufm Kampe sitzt, die wiederum ihre jetzt studierenden Töchter Berit und Kristin auch musicum-tauglich heranzog. Die beiden Schwestern Heidi Körting (Cello) und Ulla Schilling (Geige) gehören zu diesem Kammerorchester. Fast Ehrensache, denn auch deren Mutter Annemarie Retz war mit von der Partie, als das Collegium 1949 gegründet wurde.

Studienrat Klemens Heinen hatte damals innerhalb des Volksbildungswerkes Kollegen und Laienspieler zum Instrumentalkreis um sich geschart und gab mit ihnen am Tag der Hausmusik ein erstes Konzert. Das Orchester bereicherte fürderhin das kulturelle Leben der Stadt; unvergessen blieb den Akteuren das Mitwirken bei Adenauers 90. Geburtstag. Lehrer sind es noch immer, Ärzte, Juristen, Apotheker, die, dabei die Nase tief in die Notenbücher gesteckt, Blatt für Blatt einstudieren.

"Ein letztes Mal die 113 bitte", ruft Rolf Beitzel. Er ist der neue Dirigent des Orchesters, erst der fünfte seit Bestehen und Nachfolger von Wilhelm Nellessen. Der frühere Chorleiter und Organist an St. Johann Baptist prägte 24 Jahre lang das Collegium nach Erich Papsch und Manfred Liefländer. "Es war ein leichter Übergang. Das Orchester ist sehr kooperativ mit mir umgegangen. Das klappt musikalisch und menschlich gut", ist Beitzel erfreut über das Klima. Er war der Bitte, das Traditionsorchester zu leiten, gern nachgekommen, nachdem Nellessen aus gesundheitlichen Gründen die Arbeit nicht fortsetzen konnte. Beitzel: "Es ist eine Ehre, das zu machen."

Die Programmidee, ein Orchester- und ein Chororchesterkonzert pro anno durchzuführen, wird beibehalten. Bedeutet für den Herbst 2005: Das Orchester bringt gemeinsam mit dem Kammerchor des Collegium musicum, gelenkt von Ulrich Hülder, die "Schöpfung" von Franz Joseph Haydn zur Aufführung. Daran also wird emsig gearbeitet. "Der leichte flockige Schnee", brummelt der Dirigent. "Das Cello darf singen", gibt Beitzel einer Musikerin den Hinweis - ruhig, bestimmt, freundlich, fachkundig.

Rolf Beitzel hat sein Metier eben von der Pieke auf erlernt. Der Königswinterer absolvierte nach der frühen Begegnung mit der Tonkunst auch ein Studium in dieser Richtung, in Schul- und Kirchenmusik sowie im Dirigieren. Ein Leben ohne Musik - für ihn unvorstellbar. Er betreute zahlreiche Chöre, ist gefragter Gastdirigent und wirkt an Projekten mit. So wird er etwa im Mozartjahr 2006 seine Idee, die "Zauberflöte" für Kinder, gemeinsam mit der Engelbert-Humperdinck-Stiftung verwirklichen.

Seit 1974 ist der 55-Jährige nicht nur Chorleiter und Organist an der Rhöndorfer Pfarre, sondern auch Leiter der städtischen Musikschule Bad Honnef. Was durchaus befruchtend wirken kann: Das Collegium verpflichtet nötige Bläser zu Aufführungen stets vom "freien Markt"; und in der Musikschule wachsen die Talente in diesem Fach zuhauf. "Jetzt noch ein Tipp", ruft Rolf Beitzel seinen Musikern zu, "die Töne dürfen ein bisschen mehr Substanz haben." Was die Substanz des Programms angeht: Mozarts 250. Geburtstag wird sich natürlich auch im Collegium musicum-Repertoire niederschlagen.

"Das Orchester ist sehr bodenständig. Wir werden die Tradition fortsetzen", erläutert Rolf Beitzel. Aber möglicherweise ist auch Platz für neue Ideen; beispielsweise sich im symphonischen Bereich der Filmmusik bis hin zur zeitgenössischen Musik zuzuwenden. Die Detailarbeit hat sich Beitzel zudem auf die Fahne geschrieben und die weitere Steigerung des Qualitätsbewusstseins.

Er denkt ebenso an Orchesterreisen in Honnefer Partnerstädte und als Einstieg an Probenwochenenden außerhalb. "Ich will da ganz offen sein und Weichen für die Zukunft stellen", betont der Dirigent, der beim Wassersport als Ausgleich die Ruhe sucht. "Nach diesem Übergang bloß keine Panik. In aller Ruhe spielen", bedeutet er seinen Musikern mit einer sanften Handbewegung. Die Schöpfung ist auf einem guten Weg.

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