Wohnen am Wasser mitten in der Stadt

Der Architekten-Wettbewerb für ein neues Viertel auf dem Miesengelände ist entschieden. Stadtvillen, Eigentumswohnungen, Wohneinheiten für generationenübergreifende Lebenskonzepte, eingebettet in Parks, idyllisch gelegen an Grachten - so stellt sich der Bonner Architekt Wilfried Pilhatsch die Zukunft des mitten in Bonn gelegenen neuen Viertels vor.

Bonn. Alte besprühte Hallen, aus deren Ritzen Gräser und Brennnessel wachsen, Zaunwinde krallt sich in die Fassade. Vor 100 Jahren wurden auf dem Miesengelände an der Dottendorfer Straße Kutschen gebaut, dann viele Jahre lang Krankenwagen, seit sechs Jahren ist das rund 45 000 Quadratmeter große Areal nahezu verwaist. In den Gebäuden werden noch alte Autos zwischengelagert.

Die Hallen sollen nun Anfang des kommenden Jahres endgültig abgerissen werden. Stadtvillen, Eigentumswohnungen, Studentenapartments, Wohneinheiten für generationenübergreifende Lebenskonzepte, eingebettet in Parks, idyllisch gelegen an Grachten - so stellen sich der Bonner Architekt Wilfried Pilhatsch, Projektkoordinator Johannes Suchy und vor allem Eberhard Bever, Geschäftsführer der Terrabon GmbH, die das Gelände vor etwa fünf Jahren erwarb, die Zukunft des mitten in Bonn gelegenen neuen Viertels vor - Wohnraum für gut 1 000 Menschen und ideal gelegen: in Fußweite von den Dax-Unternehmen und dem Regierungsviertel entfernt und etlichen Kindergärten und Schulen in der Nähe.

"Wasserland" nannte man bis in die 50er Jahre das Gebiet zwischen Kessenich und der Gronau, wo sich auch mal ein Grundwassersee befand, bis dieser trockengelegt wurde, um Platz zu schaffen für den dringend benötigten Wohnungsraum. Die provisorische Hauptstadt wuchs. Heute erinnert noch der Name der Sportanlage an diese Bezeichnung. "Das haben wir in unserer Leitidee aufgegriffen", erklärte Pilhatsch.

Eine grachtenähnliche Wasserfront nimmt den Bogen der Christian-Miesen-Straße auf. An ihn schmiegen sich dreieinhalbgeschossige Stadtvillen mit großzügigen Fensterfronten und großen Terrassen - Wohnen am Kai. Zur Dottendorfer Straße hin öffnet sich ein weiterer Platz mit einem Brunnen.

QualifizierungsverfahrenSechs Architektenbüros wurden beauftragt, ihre Ideen für das Gebiet zwischen Dottendorfer Straße, Christian-Miesen-Straße, der Bahntrasse und dem Heizkraftwerk Süd, das die Stadtwerke Bonn spätestens 2012 stilllegen, zu entwickeln. Unter dem Vorsitz von Professor Klaus Borchard, dem ehemaligen Direktor des Instituts für Städtebau der Uni Bonn, traf nun eine Jury, in der die Stadt mit Stadtbaurat Werner Wingenfeld sowie Karsten Schröder vom Planungsamt als Sachverständiger vertreten waren, ihre Entscheidung: Siegerentwurf ist die "BonVillage au Quai" des Bonner Architekten Wilfried Pilhatsch

Eine kleine Ladenzeile, wo sich unter anderem ein Kiosk, eine Apotheke und ein Eiscafé angesiedelt haben, versorgt die Anwohner mit dem Nötigen für den täglichen Bedarf. Das Wasserthema wird auch am Gebäuderiegel parallel zur Bahntrasse aufgegriffen. Die Wasserflächen liegen zur Westseite und sollen die Sonnenstände tief in die Wohnungen hineinreflektieren.

Das Wasser, Ressourcen aus dem Grund und aufgefangenes Regenwasser, soll auch gleichzeitig für den Wärmetausch genutzt werden. Die Gebäude bleiben gut 30 Meter von der Bahn entfernt. Die Planer wollen damit alle Eventualitäten für spätere bahnparallele Straßen offenhalten. Gleichzeitig sollen die beiden Mehrfamilienhäuser schallisoliert mit kontrollierten Lüftungsanlagen gebaut werden.

Seit die Firma Miesen 2004 Insolvenz anmeldete und mit einer Nachfolgegesellschaft nach Wachtberg zog, ist viel über das Gelände spekuliert, sind so manche Alternativpläne entworfen worden. Dem Stadtrat ging es in der Vergangenheit vor allem darum, großflächigen Einzelhandel zu verhindern.

Nachdem die Terrabon das Gelände kaufte, hatte sie zunächst vor, ein sogenanntes vorhabenbezogenes Bebauungsplanverfahren einzuleiten. Ziel: ein doppelringiger, geschlossener Gebäudekomplex mit etwa 190 Wohneinheiten. Doch die Pläne waren vielen zu sperrig. Der Entwurf erinnerte an eine Trutzburg, abgeschottet vom Rest der Welt. Schließlich vereinbarten die Investoren mit der Stadtverwaltung, ein städtebauliches Qualifizierungsverfahren einzuleiten, das schließlich Pilhatsch für sich entschied.

Im Oktober, so Bever, laufe der Pachtvertrag für die Hallen ab, so dass sie Anfang 2011 abgerissen würden. "Das Verkehrsgutachten liegt vor, wir gehen davon aus, dass wir im dritten Quartal 2011 Baurecht haben", so Bever. Für die Terrabon wird es eine Investition von rund 125 Millionen Euro.

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