Norbert Lammert auf dem "Weg der Demokratie"

Samstagmittag vor dem Haus der Geschichte. Eine Touristengruppe schart sich um einen Herrn mit Megaphon. Was wie eine alltägliche Führung aussieht, ist prominent besetzt.

Norbert Lammert auf dem "Weg der Demokratie"
Foto: Barbara Frommann

Bonn. Samstagmittag vor dem Haus der Geschichte. Eine Touristengruppe schart sich um einen Herrn mit Megaphon. Was wie eine alltägliche Führung aussieht, ist prominent besetzt: Bundestagspräsident Norbert Lammert gibt sich die Ehre, flankiert vom Bonner Bundestagsabgeordneten Ulrich Kelber und CDU-Kreisvorsitzenden Philipp Lerch.

Trotz der Hitze waren einige Dutzend Bonner gekommen, um den "Weg der Demokratie" zu beschreiten - ein Rundgang zu 18 zeithistorischen Orten im ehemaligen Regierungsviertel. Traditionell wird der Spaziergang einmal im Jahr mit hochkarätiger Besetzung angeboten, schon Franz Müntefering und Wolfgang Clement gaben sich die Ehre. Gastgeber Kelber ist stolz, diesmal Norbert Lammert verpflichtet zu haben, der "uns trotz der Diskussionslage in Berlin nicht im Stich lässt", wie Kelber zu Beginn sagte. Lammert war zuletzt als möglicher Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten im Gespräch.

Die erste Station ist heute der Bürokomplex im "Tulpenfeld". Lammert, seit 30 Jahren Parlamentsabgeordneter, hat mehr zu bieten als Schulbuchfakten, denn er war dabei, im Herzen der Bonner Republik. Er unterhält sein Publikum mit einem humorvollen Rückblick auf die Zeit vor der Wende, so sagt er etwa über die Büroräume der Parlamentarier in Bonn: "Es war so klein, dass nur die Abgeordneten oder die Mitarbeiter drinnen sein konnten, aber nie beide gleichzeitig."

Die Zuhörer lauschen gebannt, viele fotografieren. Die Chance, solch prominente Politiker aus der Nähe zu sehen, haben sie inzwischen nur noch selten. Zu diesem besonderen Spaziergang ist jeder Bürger willkommen - die Führung gibt es gratis obendrauf.

Es geht weiter Richtung Rhein, zu den ehemaligen Plenarsälen des Deutschen Bundestages. Hier saß Lammert seit 1980 als Abgeordneter, musste jedoch täglich pendeln, ein Umstand, der bei Helmut Kohl auf Unmut stieß, der Lammert einmal als "Abgeordneten, der nicht einmal in Bonn wohnt", bezeichnete, wie der heutige Bundestagspräsident preisgibt. Über sein schwieriges Verhältnis zum "ewigen Kanzler" weiß er viel Amüsantes zu berichten.

Dass nicht alles besser geworden ist mit dem Umzug nach Berlin illustriert Lammert vor dem ehemaligen Bundeskanzleramt mit einer Anekdote über Helmut Schmidt: "Schmidt sagte damals über das Kanzleramt in Bonn, es habe den ästhetischen Reiz einer Kreissparkasse. Angesichts des Neubaus in Berlin urteilte er jedoch später, im Vergleich zu diesem Monstrum sei das Bonner Gebäude von überragendem architektonischen Wert."

Norbert Lammert ist am Montag wieder in Berlin, aber der Weg der Demokratie steht interessierten Bonnern auch ohne Führung offen, die Stationen sind informativ beschildert. Vielleicht wird der nächste Spaziergang eine kleine Zeitreise.

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