Initiative pocht auf UN-Konvention

Verein fordert die Stadt auf, das Recht auf freie Schulwahl auch für Behinderte umzusetzen

Initiative pocht auf UN-Konvention
Foto: dpa

Bonn. Es sind nicht nur die alltäglichen Beschwernisse, mit denen etwa ein Rollstuhlfahrer zu kämpfen hat, was Ingrid Gerber umtreibt. Die Vorsitzende des Bonner Vereins Gemeinsam leben - gemeinsam lernen berichtet von ganz anderen Erfahrungen, die behinderte Kinder machen müssen, wenn sie nicht frei in ihrer Schulwahl sind.

"Eltern von behinderten Kindern müssen oft weite Strecken fahren, um ihr Kind in eine integrative Schule zu bringen. Wie sollen sich da Freundschaften entwickeln? Unsere Kinder wachsen ohne Freunde auf."

Das ist natürlich nicht der einzige Grund, warum der Verein in einem Bürgerantrag die Stadt Bonn auffordert, einen sogenannten Inklusionsplan für ihre Schulen zu beschließen. Denn seit einem Jahr ist die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen auch in Deutschland rechtsgültig. Danach hat jedes behinderte Kind das Recht auf einen Platz in einer Regelschule.

Dass das nicht von einem Tag auf den anderen umgesetzt werden kann, ist auch Eva-Maria Thomas vom Kölner Verein Mittendrin klar. Deshalb hat die Stadt auch bis Ende 2014 Zeit, einen Plan vorzulegen, wie sie die UN-Konvention umsetzen wird. Ziel soll der "europäische Standard" sein, so Gerber: Deutschland sei mit seinen Integrationsbemühungen nämlich Schlusslicht.

Während in anderen EU-Staaten 80 Prozent aller behinderten Kinder in Regelschulen lernen, liegt die Integrationsquote in Deutschland bei 15,7 Prozent. Daher soll Bonn allen Kindern, deren Eltern eine inklusive Schule wünschen, "ab sofort" einen Platz im Gemeinsamen Unterricht (GU) anbieten. Eine Ausweitung von Plätzen in Förderschulen lehnen die Antragsteller ab.

In Zukunft, so lautet ihr Ziel, werde es solche Einrichtungen eh nicht mehr geben. Die sonderpädagogischen Kräfte könnten problemlos in den Regelschulen eingesetzt werden.

Die Verwaltung verweist auf den behindertenpolitischen Teilhabeplan, der im September vom Rat beschlossen wurde. Außerdem sei das Land für die Umsetzung des GU zuständig. "Das ist ein rechtliches Missverständnis", so Thoms. "Es ist der Schulträger, der über die Umsetzung entscheidet, und das ist die Stadt."

Außerdem hänge es nicht von einem Aufzug ab, ob Behinderte in einer Schule aufgenommen werden könnten, sondern von der Bereitschaft, sie zu unterrichten. Letztlich, so Gerber, "profitieren alle davon, ob behindert oder nicht".

Der Bürgerausschuss tagt am Donnerstag, 4. Februar, ab 18 Uhr im Stadthaus, Berliner Platz 2.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort