Geschäftsleute gehen wegen Straßenstrichs auf die Barrikaden

Studenten berichten von neuen Vorkommnissen - Anwohner fordern Stadt Bonn ultimativ zur Richtigstellung ihrer Äußerungen auf - 6 500 Bürger betroffen, Jugendschutz missachtet

Bonn. (ga) Der Ärger um den Straßenstrich geht weiter. Während Betroffene neue Vorfälle an der Gerhard-Domagk-Straße schildern, richten Geschäftsleute und Anlieger schwere Vorwürfe an die Stadt Bonn.

Vor einer Woche habe eine Prostituierte in der Cafeteria des chemischen Instituts Studenten belästigt, ihnen in die Haare gefasst und randaliert, berichtete eine Vertreterin am Freitag dem GA. Immer wieder würden Instituts-Toiletten von den "Damen" benutzt, teilweise blieben nach deren Drogenkonsum Blutflecken zurück. Der Uni-Wachdienst ertappte dieser Tage einen Exhibitionisten hinter dem Instituts-Parkplatz.

Weil die Situation in keiner Weise mehr mit der vor zehn Jahren zu vergleichen sei, gehen die Geschäftsleute auf die Barrikaden und werfen der Stadt vor, die Öffentlichkeit bewusst falsch zu informieren, zu verharmlosen und gegen Beschwerdeführer Stimmung zu machen.

Die Anlieger verlangen ultimativ eine sofortige Richtigstellung der Aussagen, wonach relativ wenige Menschen durch den Straßenstrich betroffen seien, ansonsten würden sie die Kommunalaufsicht einschalten.

Im Gegensatz zu den städtischen Angaben sei die Wahrheit: Durch das Uni-Institut, die T-Systems und 8 000 Quadratmeter Gewerbeflächen mit zahlreichen Kunden seien rund 6 500 Menschen immer stärker von den Auswüchsen der Prostitution betroffen. Seit Änderung des Sperrbezirks vor zwei Jahren sei der Straßenstrich tagsüber von früher 1,5 Kilometern Länge nun auf 300 Meter vor dem Chemie-Institut konzentriert worden.

Gleichzeitig stünden bei gutem Wetter bis zu 30 Prostituierte auf diesem kurzen Teilstück, früher seien es insgesamt gerade mal fünf Frauen des horizontalen Gewerbes gewesen. "Beide Faktoren zusammen führen zur Explosion", sagte ein Anlieger. "Wir wehren uns einfach dagegen, dass die Stadt eine Parallele zwischen damaligen und heutigen Verhältnissen zieht." Dabei sei es eine Frechheit zu behaupten, "das war schon immer so".

Hinzu komme das Argument des Jugendschutzes, laut Stadt das K.O.-Kriterium für den Straßenstrich. Betrachte man die nahe gelegene Eichendorff-Schule, die im Uni-Institut arbeitenden unter 18-Jährigen und den THW-Jugendtreff am Dickobskreuz, seien auch viele Minderjährige betroffen - und sei es auf ihrem täglichen Weg zur Stadtbahn-Haltestelle.

Der Anwalt der Anlieger stellt sogar die Frage, ob die Stadt sich mit der Duldung der jugendgefährdenden Prostitution nicht strafbar mache. Dies umso mehr, seit der Uni-Wachdienst den Instituts-Parkplatz kontrolliert, so dass Huren und ihre Freier häufiger in das "Wäldchen" neben der Eichendorff-Schule ausweichen.

Die Betroffenen bestätigen, dass es verstärkte Kontrollen von Polizei und Ordnungsamt gebe. Dass Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann aber eine Studentin, die zu ihrer Bürgersprechstunde wollte, nicht empfing, sorgt für einhellige Empörung. Die junge Frau wollte der OB die Situation schildern. Nachdem sie einen Tag vor dem Termin die Absage erhalten hatte, fühlt sie sich regelrecht "abgewimmelt".

Lesen Sie dazu " Wohin mit dem Straßenstrich?"

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