Archäologie-Sensation am Bonner Bogen

RAMERSDORF · Experten haben in mehr als 500 Gräbern Waffen und Schmuck aus der merowingischen Zeit gesichert: Die Archäologen arbeiteten unter Hochdruck. Die Funde waren geradezu sensationell, und die Angst vor Grabräubern war immens.

Unter den Planen werden Schwerter, Ketten und Ohrringe gesichert. Verfärbungen im Boden geben Archäologen Hinweise.

Unter den Planen werden Schwerter, Ketten und Ohrringe gesichert. Verfärbungen im Boden geben Archäologen Hinweise.

Foto: Max Malsch

Mehr als 500 fränkische Gräber aus der merowingischen Zeit haben die Archäologen der Grabungsfirma Archbau im Auftrag des Landschaftsverbandes freigelegt und zahlreiche Fundstücke sichergestellt.

Und das auf einem Gelände, an dem normalerweise reger Verkehr herrscht: Am Bonner Bogen, gleich gegenüber dem Kameha Grand.

Die Gräber stammen aus dem sechsten bis siebten Jahrhundert, also aus der heidnischen wie frühchristianisierten Phase der Franken. "Sie gehört sicherlich zu den größten Gräberstätten im Rheinland", so Grabungsleiter Gary White. Er vermutet, dass es in der näheren Umgebung eine "bedeutende" oder aber viele kleinere Siedlungen gegeben haben muss. Wo sie gewesen sein könnten, lasse sich nicht feststellen. Jedenfalls haben die Archäologen bisher noch keine Anhaltspunkte dafür.

Dass es aber hier, an dieser Stelle, ein größeres Gräberfeld gibt, das wussten die Archäologen schon lange. Beim Bau der Zementfabrik im 19. Jahrhundert sei man bereits auf Hinweise gestoßen, in den 30ern des vergangenen Jahrhunderts habe es auch schon eine kleinere Ausgrabung gegeben, doch erst im vergangenen Jahr hatten die Fachleute zwischen Juni und Dezember endlich die Möglichkeit, das Gelände systematisch zu begutachten.

"40 Prozent der mehr als 500 Gräber sind aus Steinplatten, viele waren einfache Grubengräber, aber es gab auch Holzeinbauten", so White. In einer Tiefe von 1,50 bis zwei Meter lagen sie, das Holz war bereits Kohle. Die Archäologen mussten vorsichtig vorgehen, um nichts zu zerstören. Doch die Fachleute können anhand von Verfärbungen erkennen, wann der Bagger zurücktreten muss und die Handarbeit beginnt.

Die zeitliche Einordnung lässt sich zunächst nur grob vornehmen, denn die Stellen ohne Grabbeigaben sind eindeutig aus der Christenzeit, also jünger als die übrigen Gräber. Und diese waren für die Forscher im wahrsten Sinne des Wortes echte Fundgruben: "Sehr viele Waffen haben wir sichergestellt", so White. Lang- und Kurzschwerter aus Eisen, Lanzenspitzen und sogenannte Schildbuckel: Das Metallteil in der Mitte des Holzschildes war das einzige, was von diesen Beigaben überlebt hat.

In den Frauengräbern lagen Ketten, bronzene Fibel, Gürtelgarnituren, Ohrringe, Perlenketten aus Glas, viel Keramik und Trinkgläser. Die grünlichen, bläulichen und braunen Gläser sind zwar zertrümmert, für White dennoch "gut erhalten", denn die Scherben sind allesamt vollständig und lassen sich wieder zusammensetzen", so der Archäologe.

"Es wird sicherlich mehrere Jahre dauern, bis alles restauriert ist", so der Grabungsleiter. Vieles sei stark korrodiert, die Teile würden erst geröntgt, chemisch bearbeitet, um den Rostverfall aufzuhalten, dann werden sie gezeichnet, dokumentiert und mit anderen Fundstücken verglichen. Die richtige Arbeit beginnt also für die Forscher erst jetzt.

Wie berichtet, wurden vor zwei Jahren bei Ausgrabungen in Bechlinghoven Reste von 18 Grubenhäusern und zwei Langhäusern gefunden, was diesen Platz zum größten bekannten merowingerzeitlichen Siedlungsplatz im Rheinland macht. Und nun am Bonner Bogen. Die Forscher überprüfen mögliche Zusammenhänge.

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