Man kann den Bau auch kritisch betrachten

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 Der Romanische Hof an der Siemensstraße in Dransdorf.

Der Romanische Hof an der Siemensstraße in Dransdorf.

Foto: Fischer

Der Romanische Hof wird im Allgemeinen hoch gelobt wegen gut durchdachter Funktionalität, gelungenen künstlerischen Akzenten und ansprechendem Farbdesign. Doch man kann ihn auch kritisch sehen. Der quadratische Vierkantbau unterscheidet sich erst einmal nicht von der üblichen Containerarchitektur. Dazu kommt eine originelle Variante der heute beliebten Verwendung von Mustern als zweifarbiger Ziegelverlauf, der von in der Mehrzahl rotbraunen Backsteinen in der Sockelzone bis zu überwiegend gelblichen Backsteinen im oberen Bereich reicht. Dazu kommt weiterhin das Rundbogenmotiv. Beide Gestaltungsprinzipien setzen sich im Inneren fort.

Der Rückgriff auf den in der modernen Architektur bisher verpönten Rundbogen führt allerdings dazu, dass die über 100 Fenster rund um den Bau ihn in der Außenansicht wie ein Kolumbarium mit Wandnischen erscheinen lassen. Diese fatale Wirkung steigern noch die dunklen Fensterrahmen, welche die Rundfenster in schwarze Löcher verwandeln. Im Inneren setzt sich diese Diskrepanz zwischen Form und Funktion fort. Der zentrale Raum, sinnigerweise ein Waschsalon, wirkt durch die Rundbögen wie das Mittelschiff einer romanischen Kirche mit Arkaden und Obergaden.

Für zusätzliche Irritierung sorgt das durchlaufende Streumuster der Backsteine, das in Gegensatz zu den Fassaden unmotiviert wirkt und Unruhe verbreitet. Ein Vergleich bietet sich an mit den Bauten des Rundbogenstils im frühen 19. Jahrhunderts, für die der Karlsruher Baudirektor Heinrich Hübsch die theoretische Grundlage schuf, mit eindrucksvollen Bauten auch in München. Hier sind die Rundbogenfenster stets in ein kleinteiliges Gliederungssystem eingebunden (Universitätsgebäude Ludwigstraße 27, Bayrische Staatsbibliothek, Residenz).

Dr.Walfried Pohl, Bonn

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