Ist Juncker als EU-Kommissionschef fehl am Platze?

Zum Artikel "Scharfe Kritik an Juncker wegen Finanzsündern", erschienen am 7. November

 Unter Druck wegen Luxemburg-Leaks: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Unter Druck wegen Luxemburg-Leaks: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Foto: dpa

Da ist nun auf zahlreichen Dokumenten nachlesbar, was man schon immer wusste: Das kleine Großherzogtum Luxemburg hat sich zu Zeiten, als Jean-Claude Juncker Premier und Finanzminister war, zum Paradies für Steuervermeider entwickelt. Eine Vielzahl großer und größter Unternehmen, einige daauch aus Deutschland, haben über das Junckersche Luxemburg ihre Gewinne vermehrt und gleichzeitig den eigenen Staat geschädigt.

Beides in großem Umfang; Schätzungen belaufen sich auf eine Billion Euro, die dem Fiskus in Europa vorenthalten wurden. Und Jean-Claude Juncker? Er, dem man eine gewisse Schlitzohrigkeit nachsagt, wurde gerade zum Präsidenten der EU-Kommission gewählt und soll unter anderem für mehr Steuergerechtigkeit in der EU sorgen. Juncker also fehl am Platze?

Man kann das ganz anders sehen. Es ist vielleicht vorteilhaft, dass ein gründlicher Kenner der Materie sich jetzt daran macht, die Steuersysteme in EU-Europa zu vereinheitlichen und Steuerbetrügern das Handwerk zu legen. Vielleicht sind ja gerade die, die bisher als Böcke großen Flurschaden anrichteten, besonders geeignet, als Gärtner für Ordnung und Sauberkeit zu sorgen. Sie kennen sich aus. Es dürfte ohnehin schwierig sein, jemanden zu finden, der den Job von Juncker ohne Bock-Vergangenheit übernehmen könnte.

Dr. Erhard Schulte, Königswinter

Früher fuhren Steuerhinterzieher mit einem Köfferchen Schwarzgeld nach Luxemburg und hofften, an der Grenze nicht erwischt zu werden. Seit einiger Zeit sind es Konzerne wie Amazon oder Ikea, die ihre Milliardengewinne fast steuerfrei offiziell in Luxemburg bunkern. Jetzt überrascht oder empört zu tun, ist heuchlerisch, da fast alle - auch die Politik - davon wussten.

Tatsache ist, dass den Staaten große Summen an Steuergeldern durch die Luxemburger "Manipulationen" vorenthalten werden. Geld, für das letztendlich der "normale" Steuerzahler aufkommen muss.

Immerhin räumt Jean-Claude Juncker auf Druck nun ein, dass die Steuerpraktik seines Landes ein Fehler war. Reicht das für die Wiederherstellung des angekratzten Vertrauens?

Werner Link, Wachtberg

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