In der Ukraine ist jetzt Diplomatie gefragt

Zur Krise in der Ukraine

 Der neunjährige Denis Bespalko sucht in einem ausgebrannten ukrainischen Schützenpanzerwagen in Hrabske lose Teile.

Der neunjährige Denis Bespalko sucht in einem ausgebrannten ukrainischen Schützenpanzerwagen in Hrabske lose Teile.

Foto: ap

Zur Lösung des Ukraine-Konfliktes müssen meines Erachtens der Verhandlungstisch und die Diplomatie wieder in den Mittelpunkt gerückt werden und, wie Außenminister Walter Steinmeier es ausdrückte, "es muss Vernunft zurückkehren". Ich glaube nicht, dass sich einer der Verhandlungspartner im Ukraine-Konflikt durch wirtschaftliche oder militärische Maßnahmen an den Verhandlungstisch zwingen lässt.

Eine einige EU ist wichtigste Voraussetzung für den Verhandlungserfolg. Einigkeit in der Beurteilung und Bewertung der Absichten von Putin und nicht ständige Diskussion darüber. Die Bandbreite der Annahmen reicht heute von Unterwerfung der Ukraine über großrussischen Nationalismus bis hin zur Ausweitung des politischen und wirtschaftlichen Einflussbereichs. Vor dem Hintergrund der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim könnte Putin vielleicht auch an einem ungehinderten und sicheren Landweg zur Krim und zur russischen Schwarzmeerflotte gelegen sein.

Detlef Wibel, Meckenheim

Sicherheit ist sehr subjektiv und es gibt sie nur für beide. Russland/Putin fühlt sich jetzt schon vom Westen bedroht und eingekreist und wird sich durch die neuen Pläne der Nato noch mehr bedroht fühlen und seine Politik verschärfen, statt sie zu beenden. Wenn Russland glaubt, die Nato sei "ein Gegner", wie Rasmussen sagt, dann darf man diesen Glauben nicht bestärken, sondern muss verhandeln und entspannen. Diplomatie statt Säbelrasseln und Sanktionen.

Putin macht den Fehler, keine klaren Forderungen für seine Sicherheit auf den Tisch zu legen und zugleich die Welt über das Ausmaß des russischen Engagements in der Ukraine zu belügen. Andererseits wissen ja sowieso alle Bescheid. Er will die Nato von seinen Grenzen fernhalten und nicht die Ukraine als Nato- oder EU-Vorposten. Außerdem muss er von innenpolitischen Problemen ablenken, die durch die Sanktionen noch verschärft werden.

Was die Welt also braucht sind keine Drohungen und Truppenaufmärsche, sondern eine internationale Konferenz über die Zukunft der Ukraine und ihrer Nachbarstaaten, auf der Russland seine Forderungen und Sicherheitsinteressen klar auf den Tisch legt. Und auf der gemeinsam eine Lösung gesucht wird, die den von Putin kontrollierten Bürgerkrieg in der Ukraine beendet, die staatliche Souveränität der Ukraine garantiert, aber auch ein Volksabstimmung in der Ost-Ukraine zulässt und den Sicherheitsinteressen Russlands und des Westens gleichermaßen Rechnung trägt.

Dr. Dirk Reder, Bornheim

Meine Vision für Europa ist die eines Friedensreichs vom Atlantik bis zum Pazifik, in dem Platz für alle Völker ist. Westeuropa sollte Russland beim wirtschaftlichen Aufbau, Russland Westeuropa bei der Versorgung mit Rohstoffen helfen. In problematischen Regionen sollten Forschungsstandorte entstehen, in denen russische und westeuropäische Wissenschaftler gemeinsam an Zukunftstechniken für Europa arbeiten.

Voraussetzung dieser Vision ist wohl, dass Europa die nicht unbegründeten russischen Einkreisungsängste akzeptiert. Europa sollte Russland die gewünschten Sicherheitszonen lassen. Wir sollten damit beginnen, auf allen Gebieten eng mit den Russen zusammenzuarbeiten. Russland sollte sich nicht mehr von Europa weg orientieren müssen. Die Russen sind Europäer, Christen und nahe Nachbarn. Wir benötigen ein gemeinsames Haus Europa.

Was die Ukraine angeht: Man muss den Ukrainern deutlich machen, dass weder die EU noch die USA Ihnen wirtschaftlich auf die Füße helfen können. Die Ukrainer müssen sich auch mit Russland einigen. Gemeinsam können der Westen und Russland der Ukraine auf die Beine helfen. Die Ukraine zeigt seit Jahren, dass sie aus zwei Volksgruppen zusammengesetzt wurde. Wie bei den Tschechen und den Slowaken könnte eine friedliche Trennung der Volksgruppen sinnvoll sein.

Heinz-Werner Bähr, Troisdorf

Der großspurige Ausspruch eines EU-Diplomaten "Wir sind bereit, nunmehr Taten sprechen zu lassen" reiht sich ein in die Anti-Russland-Rhetorik, mit der uns die Politik derzeit überschüttet. Dabei erstaunt, wie schnell immer neue Sanktionen gefordert werden, um Russland zu disziplinieren, auch wenn die gleichermaßen die eigene Wirtschaft und die eigene Bevölkerung treffen.

Sanktionen bewirken keine Änderung der gegnerischen Position, wie die Geschichte lehrt. Selbst über einen Krieg wird inzwischen geredet und geschrieben. Und das alles wegen eines Landes, Ukraine, das seit seiner Loslösung von Russland unter unvorstellbarer Korruption leidet, wirtschaftlich bankrott ist, und von Oligarchen beherrscht wird, die das Land rücksichtslos ausplündern.

Allerdings, die Ukraine hat geopolitische Bedeutung und besitzt reiche Bodenschätze. Und nur das hat Amerika und Russland auf den Plan gerufen: Jeder will über die Ukraine gebieten und deren Bodenschätze ausbeuten. Wer gewinnt, hat zudem seine Position als Großmacht ausgebaut. Lediglich aus taktischen Gründen räumt Amerika der EU eine Mitspieler-Rolle ein.

Angesichts dieser Lage hätte Deutschland sich nüchtern zu fragen: Was sind unsere vitalen Interessen? Je mehr wir glauben, Partei ergreifen zu sollen oder zu müssen, um so sicherer wird Deutschland nach dem Bürgerkrieg als Zahlmeister für den Wiederaufbau und zur finanziellen Konsolidierung einer neutralisierten Ukraine herhalten müssen.

Horst Krämer, Bonn

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