Gegen das Vergessen

Zum Leitartikel "Der Anfang im Ende" von Ulrich Lüke zum 8./9. Mai 1945, erschienen am 9. Mai.

 Ort des Gedenkens: Die "Halle der Erinnerung" in Yad Vashem. FOTO: DPA

Ort des Gedenkens: Die "Halle der Erinnerung" in Yad Vashem. FOTO: DPA

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In dem Leitartikel werden in Zahlen die Opfer des Zweiten Weltkrieges auf die einzelnen, am meisten betroffenen Nationen verteilt. Zugleich wird berechtigterweise hervorgehoben, dass sich die meisten ehemaligen Kriegsgegner seit langem versöhnt haben und gemeinsame Wege gehen. Auch 70 Jahre nach Kriegsende gleicht dies einem Wunder. Mit keinem Wort erwähnt der Autor allerdings zu meinem großen Entsetzen die Ermordung von mehr als sechs Millionen Mitmenschen jüdischen Glaubens, die nur wegen ihrer Religionszugehörigkeit kaltblütig und geplant getötet wurden.

Mit diesem Hinweis ist keineswegs beabsichtigt, die Frage der Mitschuld und Mitverantwortung wieder aufzugreifen. Aus meiner Sicht haben die heutigen Generationen der Deutschen aber die Verantwortung, die Erinnerung an diese Gräueltaten wachzuhalten und gegen aufkommenden Rassismus und jegliche Form der Intoleranz frühzeitig einzuschreiten. Der 8. Mai 1945 war eine Befreiung für ganz Europa, zu der wir Deutschen nichts beigetragen hatten.

Andreas Otto Kühne, Bonn

"Anfang Mai 1945, vor 30 Jahren, ging der Zweite Weltkrieg für uns zu Ende. Unsere ehemaligen Gegner feiern diesen Tag. Die Opfer, die sie für den Sieg über das Unrecht gebracht hatten, geben ihnen das Recht dazu. Wir gedenken dieser Opfer und aller Toten des Krieges in Achtung und Ehrfurcht. Wir Deutsche erinnern uns in diesen Tagen: Unser Land war vor 30 Jahren zerschlagen, zerstört, verachtet, gehasst.Ein Krieg war zu Ende, durch den wir uns die ganze Welt zum Feind gemacht hatten. Sicher, am 8. Mai 1945 brach das nationalsozialistische Regime endgültig zusammen.

Wir wurden von einem furchtbaren Joch befreit, von Krieg, Mord, Knechtschaft und Barbarei. Und wir atmeten auf, als dann das Ende kam. Aber wir vergessen nicht, dass diese Befreiung von außen kam, dass wir, die Deutschen, nicht fähig waren, dieses Joch selbst abzuschütteln, dass erst die halbe Welt zerstört werden musste, bevor Adolf Hitler von der Bühne der Geschichte gestoßen wurde." So beginnt die Rede unseres Bundespräsidenten Walter Scheel zum 8. Mai 1975, gehalten in der Schlosskirche zu Bonn. Wenn es irgendeine Zeitung in Deutschland gibt, die sich dessen erinnern sollte, dann der General-Anzeiger. Diese wenigen Sätze enthalten im Kern alles, was in diesen Tagen an Richtigem, Vernünftigem und Wahrhaftigen gesagt wurde.

Michael Engelhard, Wachtberg

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