Ein Armutszeugnis für die Universität Bonn

Zum Artikel "Drohende Stille im Collegium" vom 27. März.

 Die Aula der Universität Bonn bleibt vorerst für das Collegium musicum geschlossen.

Die Aula der Universität Bonn bleibt vorerst für das Collegium musicum geschlossen.

Foto: Lannert

Die Nachricht vom drohenden Aus für das Collegium musicum hat mich entsetzt. Diese Institution ist in meinen Augen unverzichtbares Kernstück der kulturellen Identität der Bonner Universität. Die Vielfalt, Intensität und das künstlerische Niveau der studentischen Ensembles gelten als beispielhaft. Speziell das Orchester des Collegium musicum hat sich als Kulturbotschafter der Bonner Universität weltweit einen hervorragenden Ruf erworben.

Dass diese Institution jetzt in der Existenz bedroht sein soll, finde ich alarmierend. Mögliche Differenzen bei der Neubesetzung der Stelle des Akademischen Musikdirektors sind das Eine. Aber wenn ich lese, dass sozusagen Hausverbot erteilt wird und eine kommissarische Interimslösung untersagt wird, sehe ich eine zerstörerische Tendenz am Werk, die in einem halben Jahr niederreißen kann, was 60 Jahre lang gepflegt wurde und geblüht hat.

Peter Henn, Alfter

Man will nicht glauben, was man da liest: Die Universität Bonn macht Pause von der studentischen Musik! Eine Nachberufung ist schiefgegangen? Na und? Das kommt schon mal vor. Machen deshalb Theater gleich die Tore zu, schließt demnächst die Uni, wenn der Rektor nicht rechtzeitig ernannt wurde?

Dann liest man, dass es seit Kurzem und erstmals an Bonns Universität eine Kulturintendantin gibt, die das studentische Kulturleben auf eine neue organisatorische Basis stellen soll. Ist es denn nicht eine ihrer wichtigsten Aufgaben, die studentische Kultur zu sichern, gerade auch in einer Notsituation?

Eine Uni, die sich lange Jahre eines besonders reichhaltigen - auch international sichtbaren - Musiklebens rühmen konnte, beschließt, musikalisch stumm zu werden. Sie fügt dadurch nicht nur ihrem Image schweren Schaden zu, schließt für vermutlich mehrere tausend Bonner Bürgerinnen und Bürger die "Konzerttore", vor allem aber versagt sie zumindest einem ganzen Studentenjahrgang das Musizieren.

In einer Zeit, wo unter dem Stichwort "Bologna-Prozess" über Verschulung des Studiums geklagt wird und über den Rückgang von Allgemeinbildung, leistet die Traditionsuni Bonn einen ganz eigenen und in Deutschland wohl einmaligen Beitrag zur Verengung des Horizonts. Arme Uni, arme Studenten, armes Bonn!

Ulrich Wahl, Königswinter

Das Collegium musicum der Universität Bonn darf nicht mehr musizieren. So ist es beschlossen; auch die Schlüssel zu den Probenräumen mussten abgeliefert werden. Was für ein Vergehen müssen die jungen Studentinnen und Studenten begangen haben, wenn der Rektor, der Kanzler und die Kulturintendantin zu einer solchen Maßnahme greifen? Die Öffentlichkeit wartet auf eine erhellende Antwort - wo ist sie?

Als einer von vielen Alumni der Bonner Universität melde ich mich zu Wort. Ich bin seit 1962 mit dieser Universität verbunden durch Studium, Promotion und lange Mitgliedschaft als Instrumentalist im Collegium musicum. Musizieren ist kulturtragend, es verbindet Völker, Menschen, Persönlichkeiten miteinander. Kann es etwas Besseres geben, um die Persönlichkeiten junger Menschen zu formen, Bildung und Welterkenntnis zu erweitern?

Die völkerverbindende Wirkung von Musik habe ich unter Prof. Emil Platen als Dirigent des Collegium musicum bei Konzertreisen in die Niederlande, nach Frankreich und Polen nachhaltig erleben können. Soll das alles jetzt unwichtig, ja falsch sein können?

Dr. Klaus Kempkens, Sinzig

Es ist schon eine Ungeheuerlichkeit, die da derzeit an der Bonner Uni stattfindet: Das traditionsreiche Musikleben an der Alma Mater, gebündelt unter dem Dach des Collegium musicum, das in den vergangenen sechs Jahrzehnten mit Konzerten, Konzertreisen und anderen Aktivitäten weit über Bonn hinaus strahlte und das Ansehen der Uni mehrte, wird anscheinend bewusst zur Disposition gestellt. Rektor Prof. Fohrmann inthronisiert die "produktive Unruhestifterin" Anja Stadler als Kulturintendantin, entmündigt somit den bisherigen Akademischen Musikdirektor und ist nun nicht einmal mehr bereit, Gespräche mit allen Betroffenen zu führen.

Wieder einmal zeigt sich, dass eine als Optimierung angekündigte Umstrukturierung bestens funktionierende Arbeit behindert oder - wie in diesem konkreten Fall - gefährdet. Wenn tatsächlich im bald beginnenden Sommersemester die musikalischen Aktivitäten an der Bonner Uni zum Erliegen kommen, wäre dies möglicherweise der Anfang vom Ende. Ich appelliere dringend, möglichst umgehend zumindest eine gangbare Interimslösung zu finden.

Michael Denhoff, Bonn

Das Musikleben an der Bonner Uni ist in eine tiefe Krise geraten, nachdem der bisherige akademische Musikdirektor das Handtuch geworfen hat - offenbar ein Opfer von Rektor Prof.Fohrmann und Kulturintendantin Stadler.

Ich erinnere mich an die 60er-Jahre, in denen ich an der Bonner Alma Mater studierte und im Orchester des Collegiums die Oboe spielte. Da durften wir dem Rektor die Hand schütteln und offizielle Feiern musikalisch umrahmen. Später dann die heftigen Auseinandersetzungen zwischen Studenten und Professoren, die auch am Collegium nicht spurlos vorübergingen. Das Musikleben hat an der Bonner Uni stets einen zentralen Platz eingenommen mit Emil Platen als Mittelpunkt und Initiator. Unvorstellbar, dass dies jetzt durch Machtkämpfe und persönliche Eitelkeiten beschädigt, zerstört oder sogar beendet wird.

Gegenseitige Schuldzuweisungen, Verdächtigungen oder Gesprächsverweigerungen sind falsche Signale und führen nur in die Sackgasse. Warum setzt man sich nicht zusammen und sucht nach Lösungen: Rasche Bestellung eines kommissarischen Collegiums-Leiters zur Rettung des Sommersemesters und ohne Zeitdruck ein ordentliches Auswahlverfahren mit einer fachlich besetzten Auswahlkommission unter Beteiligung der Studenten. Der Machtkampf zwischen Rektor, Kulturintendantin und Studenten sollte schleunigst beendet werden.

Musik sollte nicht stumm machen, sondern die Ohren und Herzen berühren.

Dr. Siegfried Borggrefe, Bonn

Die vom Rektor der Universität Prof. Dr. Fohrmann eingesetzte Kulturintendantin Anja Stadler bezeichnete sich selbst in ihrer Vorstellung in der Universitätszeitung "Forsch" als "Unruhestifterin", die für eine produktive Unruhe sorgen wolle. Das von Prof. Dr. Emil Platen, dem Gründer und langjährigen Leiter des Collegium musicum, als "chaotisch" beschriebene Berufungsverfahren für einen Nachfolger des Akademischen Musikdirektors André Kellinghaus hat den in Wahrheit destruktiven Charakter dieser Unruhe offenbart.

Die Studenten haben in ihrem offenen Brief an den Rektor nachdrücklich und eindringlich darum gebeten, die Fortsetzung der Arbeit mit einem kommissarischen Leiter zu ermöglichen. Kompetente Persönlichkeiten stehen dafür zur Verfügung. Warum lehnt der Rektor das ab? Warum versperrt er dem Collegium musicum die Räume?

In ihrer schon zitierten Vorstellung wünscht sich die Kulturintendantin "mehr Selbstvertrauen unter den Kulturschaffenden an der Universität". Die Studenten haben dieses Selbstvertrauen. Der Rektor sollte das anerkennen und sich mit ihnen zusammensetzen, um kurzfristig die Weiterarbeit des Collegium musicum zu ermöglichen. Die Schließung wäre ein Armutszeugnis für die Universität.

Dr. Volker Mettig, Meckenheim

Mit Entsetzen habe ich die Nachricht über das mögliche Aus des Coll-MUS gelesen. Ich war lange unter Professor Emil Platen Mitglied des Ensembles und habe dem Collegium musicum auch als Zuhörerin bis heute die Treue gehalten. Als ehemalige Absolventin der Universität möchte ich dringend an den Rektor und die Gremien der Universität appellieren, damit ein Weg gefunden werde, um mir und vielen anderen diese wichtige Universität und Stadt Bonn bereichernde Einrichtung zu erhalten.

Barbara Raschke, Bad Neuenahr

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