Kommentar 70. Geburtstag der CDU - Die schwarze Macht

Die CDU hat Glück gehabt in ihrem langen Leben. Fünf Kanzler hat sie seit Gründung der Bundesrepublik gestellt und sie regiert so lange wie keine andere Partei. Mit Konrad Adenauer verbinden sich Wiederaufbau und Westbindung, mit Helmut Kohl die deutsche und europäische Einigung und mit Angela Merkel die Bewährung in zahlreichen Krisen.

Das alles hat den Deutschen gut getan - und den Christdemokraten auch. Sie sind zu Beginn des achten Jahrzehnts ihres Bestehens die mit weitem Abstand größte politische Kraft. Das ist eine Leistung, die für sich steht - und die auch erklärt, warum denen, die dafür die Garanten sind, so viel Achtung und Vertrauen entgegengebracht wird: Adenauer, Kohl, Merkel. Trotz allem.

Und dieses "Trotz allem" ist groß. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass sozialdemokratische Kanzler zuweilen den schwierigeren Part hatten: Willy Brandt mit seinem Kampf für Aussöhnung und Ostpolitik, Gerhard Schröder mit den inneren Reformen, die Kohl nur versprochen, aber nicht umgesetzt hatte.

Die CDU hat es sich - darin der SPD in der Nachrüstungsfrage ähnlich - vor allem selbst schwer gemacht. Dazu zählen die Kämpfe Adenauers mit Ludwig Erhard, dazu zählt aber vor allem die Kanzlerschaft Helmut Kohls, der ein Riesenzwist mit der CSU vorausging, und die in der Spendenaffäre endete.

Die Wähler hat das alles - auf Bundesebene - nicht wirklich und nicht dauerhaft beeindruckt. Das ist umso bemerkenswerter, als die CDU in den 70 Jahren ihres Bestehens inhaltlich gravierende Wandlungen vollzogen hat - und das nicht nur in Fragen der Wehrpflicht und der Atomkraft.

In ihren Kölner Gründungsleitsätzen von 1945 geißelt sie einen "habgierigen Materialismus", der Schuld am Nationalsozialismus gewesen sei, in den Jahrzehnten danach war sie aber immer wieder versucht, die soziale Marktwirtschaft eines Ludwig Erhard zugunsten eines Marktradikalismus neoliberaler Prägung zu vernachlässigen. Was zu ihren restaurativen Tendenzen passt, aber jenen Kölner Leitsätzen widersprach, die das Ziel eines "wahren christlichen Sozialismus" beschworen. Was die Partei in den 70er Jahren wiederum nicht daran hinderte, mit dem Slogan "Freiheit statt Sozialismus" in die Wahl zu ziehen. Wiederum andererseits ist das, was Angela Merkel als Sozialdemokratisierung der CDU betreibt, der Partei also aus ihren Gründerjahren bekannt.

Eine Programmpartei war und wird die CDU dennoch nicht. Sie ist und bleibt am liebsten Regierungspartei - weshalb sie sich in der Opposition auch immer besonders schwer tut. Und sie ist - auch das gehört zum Bild - eine Partei, der die Basis immer mehr wegbröckelt - in den Kommunen wie in den Ländern. Ohne Angela Merkel sieht es finster aus bei den Schwarzen. Zeit also für einen Wiederaufbau - denn mit 70 ist ja bekanntermaßen noch lange nicht Schluss.

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