So ist Paris

Cédric Klapischs Film schaut melancholisch und optimistisch zugleich aufs Großstadt-Leben

  Liebespaar:  Julie Ferrier und Gilles Lellouche.

Liebespaar: Julie Ferrier und Gilles Lellouche.

Foto: Prokino

Filme über Paris sind nicht gerade Mangelware. Das weiß auch der französische Regisseur Cédric Klapisch, der seinem Paris-Film denn auch gleich ein historisches Bewusstsein mit auf den Weg gibt, von einer Stadt, die sich im Prozess des Wandelns immer wieder neu definiert.

So ist eine der vielen Figuren, die sich in den hier erzählten "petites histoires" in der Metropole tummeln, der Geschichtsprofessor Roland (Fabrice Luchini als prächtiger Prototyp des kultivierten Nörglers), der, wie einst der Dichter Charles Baudelaire, seiner Heimatstadt in komplizierter Hassliebe begegnet.

Die vielen klugen Reflexionen, die Roland über Paris anstellt, hindern ihn aber nicht daran, wie ein moderner Professor Unrat in eine hoffnungslose Affäre mit einer seiner Studentinnen einzusteigen. Klapisch stellt Klischees wie diese neben andere Alltäglichkeiten von Personen, die so banal und besonders zugleich sind wie der Alltag Millionen anderer Paris-Bewohner. Wie unter einem Brennglas werden die Menschen für kurze Zeit aus dem undefinierbaren Trubel der Masse herausgehoben, um stellvertretend für eine sentimentale Sicht auf die Seine-Stadt zu stehen.

Folgerichtig ist auch der kranke Herzpatient Pierre der heimliche Mittelpunkt des Reigens, auch wenn manche Figuren in den fragmentarischen Vignetten nicht seinen Weg kreuzen. Romain Duris spielt den todkranken Tänzer, dessen Leben an einem seidenen Faden hängt und der angesichts des über ihm schwebenden Damoklesschwertes das dauernde Nörgeln der Pariser nur mit einem Kopfschütteln zur Kenntnis nimmt.

Ihm zur Seite gestellt ist Juliette Binoche in der Rolle seiner stets sozialen Schwester Élise. Sie kümmert sich aufopferungsvoll um ihn und wäre doch gut beraten, auch einmal den Blick auf ihre eigenen Bedürfnisse zu richten. Der Gemüsehändler, der immer noch seiner vergangenen Liebe nachtrauert, wird einer der wenigen Figuren sein, die Élises Weg kreuzen. Andere, wie der Schwimmlehrer aus Kamerun, der illegal einreist, wirken schon etwas beliebiger.

Als ob Cédric Klapisch in seinem Paris unbedingt noch die Migrations-Thematik unterbringen wollte, ohne dass ihm dazu wirklich etwas Relevantes eingefallen wäre. Nur im traurigen Tonfall passt das Schicksal des Afrikaners zu den Geschichten der übrigen Personen. Melancholisch und doch optimistisch in seinem Appell ans Leben gibt sich der Film, und das gerade, weil sich alle in der Stadt der Liebe mit den Herzensangelegenheiten so schwertun.

Dass der Film dabei eher auf die sozialen Verlierer des Wandels schaut, dabei aber dennoch Paris aus der Optik der Reichen beäugt, wo jede Wohnung einen pittoresken Panoramablick präsentiert, mag man Klapisch als kleine Konzession an den Publikumsgeschmack nachsehen.

(Film-Kritik aus dem General-Anzeiger)

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