Gerichtsverfahren um Radarfalle Stadt Bonn hält Knöllchen vom Trajektknoten für rechtmäßig

Bonn · Die Stadt Bonn beharrt darauf, dass die Strafzettel der mobilen Radarfalle am Trajektknoten an der B 9 rechtmäßig sind. Ein Gutachter soll derweil überprüfen, ob Tausende von Verkehrsteilnehmern zu Unrecht geblitzt wurden.

Die Bußgeldverfahren wegen zu schnellen Fahrens auf der B 9 vom 2. Juni bis 3. Juli 2017 sind nach Auffassung der Stadt Bonn rechtmäßig. Die Verwaltung nimmt damit Stellung zu dem Gerichtsverfahren um die mobile Radarfalle an der Bundeskunsthalle.

Ein Autofahrer war in der Tempo-50-Zone am 12. Juni mit 87 Stundenkilometern geblitzt worden und hatte Einspruch gegen das Bußgeld von 320 Euro und das einmonatige Fahrverbot eingelegt. Vor Gericht hatte am Donnerstag ein städtischer Mitarbeiter als Zeuge erklärt, dass er mit dem Aufbau der Blitzanlage seine – theoretische und praktische – Schulung abgeschlossen und vier Tage später das Zertifikat bekommen habe.

Damit sei die Installation des Geschwindigkeitsmessers nicht rechtmäßig, meinte der Anwalt des Autofahrers, sämtliche Bußgelder der ersten fünf Wochen seien damit zu Unrecht ergangen. Dem widerspricht die Stadt. Eine Sprecherin sagte, die Messanlage sei von einem geschulten Mitarbeiter, der schon lange für Stadt in der mobilen und stationären Verkehrsüberwachung im Einsatz ist, in Betrieb genommen worden. Die Teilnahme an einer Bedienerschulung sei nicht zwingend vorgeschrieben und dürfe nicht mit amtlichen Schulungen verwechselt werden. „Die Behauptung, dass die Stadt Bonn ihre amtliche Geschwindigkeitsüberwachung ohne erforderliche Sachkunde in Betrieb genommen hätte, ist deshalb unbegründet“, so die Sprecherin.

Im Übrigen gelte, dass alle Verfahren, in denen es keine Einsprüche gebe, abgeschlossen und damit rechtskräftig seien, so dass keine Ansprüche auf Erstattung geltend gemacht werden könnten. Der Bonner Amtsrichter hatte – nach der Aussage des städtischen Zeugen - einen Sachverständigen beauftragt, der die Frage nach „der Ordnungsgemäßheit der Messung“ klären soll. Das Gutachten steht noch aus.

Blitzer entpuppt sich als Goldgrube für die Stadt

Der Blitzer vor der Bundeskunsthalle sieht zwar aus wie ein harmloser Anhänger, der irgendwann am Straßenrand abgestellt und vergessen wurde. Aber der mausgraue Kasten mit der nüchternen Bezeichnung PoliScan M1 HP hat es in sich und ist seit fast zehn Monaten eine Goldgrube für die Stadt Bonn.

Seit 2. Juni 2017 hat die mobile Radarfalle an der B 9 mehr als 43.451 Geschwindigkeitsverstöße registriert. Alleine in den ersten zehn Wochen waren es 23.600 Verstöße, wie die Stadt Bonn bestätigt.

Im Prozess vor dem Bonner Amtsgericht wird schließlich der Messbeamte, der den Anhänger aufgestellt hat, als Zeuge gehört. Der räumt auf intensive Nachfragen von Anwalt Mutlu Günal ein, dass er am 2. Juni, also am Tag der Aufstellung, noch nicht abschließend ausgebildet war, sondern just mit der Installation der PoliScan M1 HP zwischen 14 und 16 Uhr vor der Kunsthalle seine Ausbildung beendet hat - mit Erfolg. Um 16. 01 Uhr bestätigt der Schulungsleiter, ein Mitarbeiter des Herstellers, der kein Messbeamter ist, dass der städtische Bedienstete nunmehr die Prüfung bestanden habe. Vier Tage später bekommt dieser das offizielle Zertifikat, dass ihm bescheinigt, dass er das beim Landesamt für Mess- und Eichwesen Berlin-Brandenburg in Potsdam geeicht Gerät auch bedienen darf.

Für Anwalt Günal liegt der Fall klar. „Der Aufbau des Gerätes erfolgte offensichtlich rechtswidrig“, erklärte er im Verfahren. „Alle Messungen ab dem 2. Juni sind daher unverwertbar.“ Damit hätten womöglich Tausende von Autofahrern einen Anspruch auf Rückerstattung der bereits gezahlten Bußgelder. Allerdings nicht alle, sondern nur die bis zum 3. Juli 2017 erfassten. Denn an diesem Tag wurde das mobile Messgerät für zwei Wochen an die Pützchens Chaussee verlegt. Da die Schlagzahlen der Verkehrssünder auf der anderen Rheinseite jedoch deutlich niedriger waren, wurde der PoliScan am 18. Juli wieder vor die Kunsthalle gefahren und offenbar von zertifizierten Messbeamten aufgestellt. Dort steht der Anhänger mit dem Kennzeichen HVL VE 102 seitdem ohne Unterbrechung und sendet seine Infrarotblitze aus.

Zur Aufklärung des Falls hat der Bonner Amtsrichter einen Gutachter eingeschaltet. Der soll jetzt die Frage nach der „Ordnungsgemäßheit der Messung“ beantworten. (AZ: OWi 115 Js 2046/17)

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