Dienstleistungszentrum Bonn Schlange stehen für einen Termin

BONN · Immer noch herrscht Wartezeiten-Frust bei den Bürgerdiensten. Flüchtlingskrise bindet Personalkapazität im Dienstleistungzentrum.

 Wer sich morgens anstellt, hat Chancen auf einen Termin am selben Tag - womöglich aber erst nachmittags.

Wer sich morgens anstellt, hat Chancen auf einen Termin am selben Tag - womöglich aber erst nachmittags.

Foto: Nicolas Ottersbach

Wer in eine neue Stadt zieht, soll sich innerhalb einer Woche ummelden. Was aber, wenn man erst nach zwei Monaten einen Termin dafür bekommt? Beim Bonner Bürgeramt ist das nun schon seit Mai, als auf das neue Terminvergabesystem umgestellt wurde, Realität. Das sorgt vor dem Dienstleistungszentrum im Stadthaus jeden Morgen für eine lange Warteschlange und schlechte Laune.

Die Gründe, warum es nicht rund läuft, sind laut Stadtverwaltung vielfältig. Klar ist aber: Es gibt zu wenig verfügbare Termine. Oder, wie es der Leiter der Bürgerdienste, Thomas Fricke, formuliert, zu wenig Personal für die Aufgaben.

Funktionierte anfangs das neue System nicht richtig, sorgte kurz darauf der Krankenstand für einen personellen Engpass. Im Sommer gab es mehr zu tun als in den vorhergehenden Monaten. Viele Bürger brauchten laut Stadtverwaltung für ihren Urlaub kurzfristig einen neuen Reisepass oder Personalausweis.

"Und mittlerweile lastet uns die Ankunft von Flüchtlingen stark aus", erklärt Fricke. Die sei in der Personalplanung nicht vorhersehbar gewesen. Bis zu hundert solcher Registrierungen gebe es an langen Tagen. "Die Anmeldung ist dringend nötig und kann nicht aufgeschoben werden, weil sonst andere Behördengänge nicht erledigt werden können und es auch kein Bankkonto für die Flüchtlinge gibt", sagt Fricke. Da brachte es auch nicht viel, fünf zusätzliche Sachbearbeiter für die Bedienung einzusetzen. Das Amt ist schlichtweg überlastet.

Bis zu acht Wochen Vorlaufzeit

Die Vorlaufzeit, um einen Termin im Stadthaus zu bekommen, liegt beim Bürgeramt und dem Führerscheinwesen derzeit bei bis zu acht Wochen. Vor Ort kommen noch einmal 20 Minuten Wartezeit hinzu. Ein Datum für die Autozulassung kriegt man innerhalb von vier Tagen genannt.

Wer sich in in der Warteschlange vor dem Dienstleistungszentrum anstellt, bekommt mit hoher Wahrscheinlichkeit noch am selben Tag einen Termin zugeteilt. Allerdings nur bis zum Vormittag, danach sind sie meist alle vergeben. Relativ gute Chancen, über das Internet einen frühen Termin zu ergattern, hat man beim Bürgeramt kurz vor 8 Uhr und bei der Kfz-Zulassung am Vorabend.

"Dann geben wir für die jeweiligen Bereiche je nach Auslastung zusätzliche Termine frei", erklärt Fricke. Sich per Telefon anzumelden ist nicht sinnvoll: Es ist Glückssache, bei der Hotline durchzukommen, die mittlerweile wieder in Bonn und nicht mehr im Kölner Callcenter aufläuft.

#Bürgeramt#Bonn 56 Minuten über vereinbarten Termin hat es geklappt. Mitarbeiterin ist freundlich und kompetent

Michael Lobeck (@michael_lobeck) 2. September 2015Diese Situation macht einen älteren Herrn, der am vergangenen Donnerstagmorgen einen Termin für den Nachmittag bekommt, sauer. "Es kann doch nicht sein, dass ich mir einen ganzen Tag für einen Behördengang freihalten muss", ruft er vor dem Schalter und geht. Den Frust können die Menschen hinter ihm in der Schlange verstehen.

Online-Terminvergabe "eine Katastrophe"

Die Studentinnen Helena aus Olpe und Michelle aus Kamp-Lintfort hatten schon im Bekanntenkreis von den chaotischen Zuständen im Bürgeramt gehört, sogar in der Bonner Touristeninformation warnte man sie davor. "Deshalb haben wir uns früh angestellt", erzählt Helena. Früh heißt 7.30 Uhr, eine halbe Stunde vor Öffnung. Dann mussten die beiden noch einmal eine Stunde anstehen; für 14.55 und 15.45 Uhr bekamen sie Termine zugeteilt, um sich für ihren neuen Wohnort eintragen zu lassen. "Das ist für uns jetzt nicht so schlimm, weil die Vorlesungen noch nicht losgehen", sagt Helena.

Wichtig ist es trotzdem. Denn die Post wird immer noch zu ihrer alten Adresse geschickt, das Fitnessstudio-Abo zu Hause kann sie nur dann vor Ablauf der Vertragslaufzeit kündigen, wenn sie die Ummeldung mit vorzeigt.

"Wenn Sie den Reisepass nur abholen, ist die Wartezeit kürzer." Warte seit 30 Minuten. #Bürgeramt#Bonn

Libra (@Lady_Kushi) 1. Oktober 2015Dass die Online-Terminvergabe "eine Katastrophe" ist, hat Sarah Angert selbst erfahren. Und weil sie sich nicht morgens anstellen will, um nachmittags einen Termin zu bekommen, ist sie direkt ins Beueler Bürgeramt gegangen. "Da weiß ich, dass ich zwei Stunden warten muss, das kann ich absehen", sagt sie. Dort gibt es nämlich noch das alte System: Nummer ziehen. Das sollte eigentlich abgeschafft und die Bürgerämter in Beuel, Godesberg und auf dem Hardtberg bis Anfang 2016 geschlossen werden.

Vielleicht bleiben sie angesichts der angespannten Lage doch noch geöffnet. Von der Stadtverwaltung heißt es dazu nur, dass man derzeit ein "Konzept zur angekündigten Zentralisierung der Bürgerämter" erarbeite.

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