Traditionsrestaurant an der Römerstraße Ristorante Caminetto in Bonn schließt nach 44 Jahren

Bonn · Nach 44 Jahren ist Schluss: Das Ristorante Caminetto an der Römerstraße hat geschlossen. Gründer Giuseppe Robichon bleibt vielen in bester Erinnerung.

 Für ihren Mann Guiseppe hat Margerita Robichon den Betrieb im Restaurant Caminetto noch einige Monate aufrecht erhalten. Am Samstag war der letzte Tag.

Für ihren Mann Guiseppe hat Margerita Robichon den Betrieb im Restaurant Caminetto noch einige Monate aufrecht erhalten. Am Samstag war der letzte Tag.

Foto: Stefan Knopp

Zum Abschluss des Tages öffnete Michelle Fasiello eine angestaubte Flasche 1964er Latour. „Die hat 30 Jahre lang kein Licht gesehen“, erklärte der Geschäftsführer des Ristorante Caminetto nicht ohne Stolz. Der Samstag war ein guter Tag, um eine wertvolle Rotweinflasche zu köpfen, denn als Fasiello und Margarita Robichon nachts die letzten Gäste verabschiedeten, taten sie das zum letzten Mal. Nach 44 Jahren schließt das bei allerlei Prominenz beliebte Traditionslokal an der Römerstraße, das im April mit Giuseppe Robichon seinen Gründer verloren hatte.

Für Fasiello, der den schweigsamen, aber herzlichen Koch aus Piemont 40 Jahre lang begleitet hat, gehörte Guiseppe Robichon zu den Pionieren guter Gastronomie in Bonn; zusammen mit Karl-Heinz Koch, erster Importeur frischer Lebensmittel, der bald Gastronomen in ganz Deutschland belieferte. „Deutschland war ein Land ohne richtige Lebensmittel.“ Bis dahin habe es Paprika und Champignons hierzulande nur aus der Dose gegeben.

Mit Robichon änderte sich das. Bei ihm gab es plötzlich frisches Kalbfleisch, gutes Gemüse, für das man teils monatelang mit Bauern aus der Region verhandeln musste, und internationale Gewürzkräuter. Robichon sei der erste Koch in Bonn gewesen, der mediterrane Küche anbot.

Nur Helmut Schmidt kam nicht

Kein Wunder, dass das Caminetto hochkarätiges Publikum anzog. „Wir hatten alle Kanzler hier außer Helmut Schmidt“, erzählt Margarita Robichon. „Und alle Bundespräsidenten bis Horst Köhler.“ Zwei Minister aus verschiedenen politischen Lagern, die gerade ihre Ämter verloren hatten, trafen dort aufeinander, der Abend endete am gemeinsamen Tisch. „Im Parlament haben sie sich die Köpfe eingeschlagen, hier waren sie wieder Menschen“, sagt sie. Ein wenig stolz war sie darauf, dass nach den offiziellen Verhandlungen über Entschädigungsvereinbarungen an Opfer der NS-Zeit auf dem Petersberg in Königswinter ein inoffizielles, „geheimes“ Treffen im Caminetto organisiert wurde. Später einigten sich die Beteiligten in Berlin.

Das alles sei Giuseppe Robichon nicht wichtig gewesen: Bei ihm wurde jeder gleich behandelt. „Und wenn es der Kaiser von China ist“, sagt seine Frau, „wenn der Student eher da war, bekam er auch zuerst das Essen.“ Aus Händeschütteln und Fotos mit Prominenten habe sich Robichon nichts gemacht, er sei selten aus der Küche gekommen. Ein Koch mit Leib und Seele, der nicht gerne nach Rezept kochte, der mit seinen Töpfen sprach, besonders gerne Brassato und Canneloni kochte und die besten Soßen quasi aus dem Handgelenk schüttelte. „Nur ärgern durfte ich meinen Mann nicht, dann hat er nicht gut gekocht.“

Stammgäste bekamen die Nachricht einzeln mitgeteilt

Ein Mann „wie eine Zwiebel“ sei Giuseppe Robichon gewesen, sagt Fasiello. „Jede Menge Schichten, manchmal hat er einen zum Weinen gebracht, aber wenn man die Zwiebel richtig glasiert, ist sie phänomenal.“ Am Tage seines Todes standen sie vor der Frage, ob sie das Lokal schließen sollten – und entschieden sich bewusst dagegen, teilten den Stammgästen einzeln die traurige Nachricht mit. Danach wollten sie das Caminetto noch ein Weilchen Giuseppe zu Ehren weiterführen und die letzten Tage ganz bewusst erleben.

Jetzt gönnt sich Margarita Robichon den Ruhestand, Fasiello findet man künftig im Ristorante Cosi in der Südstadt. Das Caminetto weiterführen wollte er nicht, denn schließlich ist er ja nicht Giuseppe Robichon und will ihn auch nicht ersetzen.

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