Senioren-Stammtisch Kessenicher Urgesteine treffen sich jede Woche

Kessenich · Ein Seniorenstammtisch in Kessenich trifft sich jeden Dienstag, um alte Geschichten auszutauschen. Dabei treten Anekdoten zutage, die in keinem Archiv zu finden sind.

 Jeden Dienstag treffen sich Ur-Kessenicher zum Stammtisch: Gestern kamen (von links) Peter Scharf, Josef Harth, Herbert Strunck, Günter Neu, Günter Kruse, Hans-Peter Welsch und Werner Grigutsch ins Café Voigt.

Jeden Dienstag treffen sich Ur-Kessenicher zum Stammtisch: Gestern kamen (von links) Peter Scharf, Josef Harth, Herbert Strunck, Günter Neu, Günter Kruse, Hans-Peter Welsch und Werner Grigutsch ins Café Voigt.

Foto: Benjamin Westhoff

Es gibt sie noch, die Ur-Kessenicher, die ihren Ort seit Jahrzehnten kennen wie ihre Westentasche und ihm bis heute die Treue halten. Sie heißen Roosen, Stoffel oder Welsch und tragen die alten Geschichten von damals weiter. Jeden Dienstag. Denn dann trifft sich die Truppe von zehn bis 15 Kessenicher Senioren morgens im Café Voigt an der Hausdorffstraße, um sich über „ihr“ Kessenich auszutauschen.

Auf dem Tisch stehen Wasser, Schorle und Kaffee, sie alle kennen sich seit Jahren, viele von ihnen sind hier im ehemaligen „Klösterchen“ geboren. „Und wir haben nie Gesprächspausen“, sagt Werner Grigutsch, der eigentlich aus dem Bonner Norden stammt, als Zugezogener in Kessenich auch mehr eine Gästerolle einnimmt und manchmal selbst über die Geschichten der Einheimischen staunt.

Jeder hat eine spannende Biografie

Einheimisch, das sind zum Beispiel Hans-Günter Stoffel, der frühere Rennfahrer mit Regalen voller Pokalen, der Ex-Lebensmittelhändler Hans Peter Welsch, der schon 26 Operationen unter Vollnarkose verkraftete, immer noch fit ist und mit fester Überzeugung sagt, dass der Lehrer Welsch aus der „Kayjass Nummer Null“ mit ihm weitläufig verwandt war, großväterlicherseits.

Da ist der ehemalige Metzger Friedel Roosen, der auf eine 500-jährige Familiengeschichte in Kessenich zurückblickt. Der frühere Fußballer Josef Hardt, der schon 50 Mal in der Türkei war, sitzt mit am Tisch, außerdem Bruno Unkel, der gefühlte 50 Jahre den Ortsausschuss leitete, sowie Hans-Günter Peters, der als Musiker immer zum Spaß noch für Senioren auftritt.

Und jeder einzelne von ihnen hat eine spannende Biografie und viel zu erzählen: Günter Neu ist dabei, Günter Kruse, Hubert Strunk, Rolf und Günter Becker, Heiner Hennes und Walter Tilemann, der seine Kindheitserlebnisse in dem beachteten Buch „Ich, das Soldatenkind“ zu Papier und 2003 als Buch herausbrachte. Tilemann betreibt übrigens auch einen privaten Weinberg, der unterhalb der Rosenburg liegt.

„Wir sind fast alle in Kessenich zur Schule gegangen“, sagt Stoffel. Deshalb kann zu den Geschichten über Rektor Müller von der Nikolausschule jeder etwas beisteuern. Es gibt keinen, dem die alte Gaststätte „Zinneken“ nichts sagt. Und den früheren Pferdebrunnen am Markusplatz, den kennt natürlich auch jeder in der rüstigen Rentnerrunde. „Ävver der is ad lang fott.“

Am Stammtisch spricht man Bönnsch Platt

Der älteste Stammtisch-Teilnehmer ist Peter Scharf mit 90 Jahren, der jüngste ist Hubert Strunck mit gerade mal 70. Bönnsch Platt wird gesprochen, das kann hier jeder schwaade und erst recht verstehen. Wie es dazu kam, dass der Stammtisch 2002 gegründet wurde? „Hans-Günter Stoffel und ich hatten immer schon ein Faible für Motorsport“, erzählt Roosen. „Und jeden Dienstag kam eine Motorsport-Zeitschrift raus, die wir uns im Laden in der Pützstraße sofort geholt haben.“ Danach ging man noch einen Kaffee trinken, und zu dieser Runde gesellten sich im Laufe der Zeit immer mehr weitere Bekannte. Der Stammtisch war geboren.

Man erzählt sich, wer mal wann wo gewohnt hat. Man kennt die Verwandtschaftsverhältnisse von dem und jenem. Dass Volksschauspieler Willy Millowitsch und die 1960 als Mörderin verurteilte Vera Brühne mal im Ort gewohnt haben (sollen). Und immer wieder Ereignisse aus der Nachkriegszeit, als sie alle jung gewesen sind.

Die Straßennamen, die man sich um die Ohren wirft, gibt es zum Teil nicht mehr. Aber die Stammtischbrüder wissen natürlich alle, dass die Germanenstraße heute die Karl-Barth-Straße ist, die Sandstraße zur Eduard-Otto-Straße wurde und die Burgstraße zur Burbacher Straße wurde, weil es bei der Eingemeindung von Bad Godesberg 1969 auch dort eine gleichnamige Burgstraße gab.

Einen Lieblingsplatz in Kessenich haben die Ur-Kessenicher nicht. Früher traf man sich an der „Lange Wies“, einer kleinen Grünanlage neben der Nikolauskirche, von wo es durch ein kleines Gässchen hoch zum Kriegerdenkmal geht. Dort oben ist auch der älteste Teil von Kessenich gelegen, die alte Kirche und die denkmalgeschützten Häuser unterhalb.

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