Cop23 Größte Konferenz Deutschlands kommt nach Bonn

Bonn · Das Bundesumweltministerium ist zuständig für alle technischen Fragen rund um den Weltklimagipfel. Im GA-Interview spricht Stefan Süsterhenn vom Umweltministerium über die Schwierigkeiten der Organisation.

Herr Süsterhenn, haben Sie schon einmal eine Veranstaltung in der Größenordnung wie die Cop23 vorbereiten müssen?

Stefan Süsterhenn: Nein. Jedenfalls noch keine Veranstaltung wie diese, die die bisher größte zwischenstaatliche Konferenz in Deutschland sein wird.

Was ist die größte Herausforderung für Sie?

Süsterhenn: Dass wir lediglich einen Vorlauf von elf Monaten Zeit hatten, uns darauf vorzubereiten. Für die Weltbiodiversitätskonferenz, die wir im Jahr 2008 in Bonn organisiert haben, hatten wir zwei Jahre Vorlauf. Die benötigt man auch normalerweise. Außerdem waren es damals weitaus weniger Teilnehmer, als es diesmal der Fall sein wird. Wir haben das Glück, dass viele Kolleginnen und Kollegen hier im Haus sehr engagiert mitarbeiten. Außerdem haben wir Kollegen reaktivieren können, die bereits in Pension sind, aber viel Erfahrung in der Organisation von derartigen Großveranstaltungen haben.

Wer aus Ihrem Ministerium ist ganz konkret für was zuständig?

Süsterhenn: Wir haben drei Projektteams gebildet. Eines ist für die Themen Verkehr, Sicherheitskonzept, Unterbringung, Haushalt, Verträge und insbesondere alle Themen rund um die Errichtung der Zeltstädte zuständig. Dieses Team wird von Beate Frey-Stilz geleitet, einer Referatsleiterin im BMUB. Sie ist von Hause aus Architektin, versteht also viel von der Materie. Das zweite Team – schwerpunktmäßig aus Beschäftigten der Klimaschutzabteilung zusammengestellt – ist in enger Zusammenarbeit mit dem UN-Klimasekretariat für das Rahmenprogramm, die sogenannten Side-Events, und die diplomatisch-politischen Fragen der Konferenzvorbereitung in der Bonn-Zone verantwortlich.

Und dann haben wir natürlich das Team, das sich um die Öffentlichkeits- und Pressearbeit kümmert. Die Projektsteuerung liegt bei meiner Kollegin Eva Kracht, Unterabteilungsleiterin in der Klimaabteilung, und mir. Wir haben einmal in der Woche einen Jour fixe, wo mit den drei Teams zusammen der aktuelle Sachstand besprochen wird. Außerdem führen wir zahlreiche Abstimmungsgespräche mit allen Akteuren wie der UN, dem Auswärtigen Amt, dem Entwicklungshilfeministerium, den Ländern NRW und Rheinland-Pfalz sowie Polizei und Stadt Bonn.

Gibt es für Sie zurzeit noch so etwas wie Feierabend?

Süsterhenn: Na ja, ich komme im Moment immer später nach Hause als sonst. Meine Kolleginnen und Kollegen natürlich auch. Aber die Überstunden werden selbstverständlich hinterher abgefeiert, darauf werde ich als Vorgesetzter achten. Allerdings werden wir auch gut von vielen anderen Abteilungen in unserem Ministerium unterstützt. Das zeigt mir, dass unser Haus sehr flexibel aufgestellt ist.

Führen Sie einen Terminkalender, um alle Gesprächspartner zur richtigen Zeit an den richtigen Ort zu bringen?

Süsterhenn: Die Verhandlungsrunden der offiziellen Delegationen organisiert das UN-Klimasekretariat in Abstimmung mit der Präsidentschaft aus Fidschi. Für das Rahmenprogramm gibt es Internetkalender mit Angaben, wo, wann und mit wem welche Veranstaltungen stattfinden.

Wer ist für das Rahmenprogramm zuständig? Wer stimmt mit wem ab, wann welche Veranstaltung läuft?

Süsterhenn: Die Gestaltung des Rahmenprogramms ist weltweit vom Klimasekretariat ausgeschrieben worden. An dem Verfahren waren alle Akteure wie Staaten, UN-Organisationen, Städte, Wirtschaftsverbände und die Nichtregierungsorganisationen, die wir auch Zivilgesellschaft nennen, beteiligt. Es wurden dann die rund 400 Veranstaltungen festgelegt, die in der Bonn-Zone geplant sind. Hinzu kommen zahlreiche Veranstaltungen, die in den jeweiligen Pavillons von Ländern und Organisationen stattfinden.

Werden die Delegierten begleitet, also persönlich betreut?

Süsterhenn: Für hochrangige Delegierte, also Staats- und Regierungschefs, wurden über Agenturen sogenannte Liaison-Offiziere engagiert. Sie wurden natürlich auch alle überprüft. Sie begleiten diese Delegierten vom Ankunftsort an, etwa vom Flughafen, bis sie wieder abreisen. Minister werden von ihren eigenen Delegationen betreut und begleitet, und selbstverständlich stehen wir und das Klimasekretariat bei Fragen zur Seite. Für alle anderen Teilnehmer gibt es Internetangebote über alle Veranstaltungen und Verhandlungen. Gemeinsam mit dem UN Volunteers Programm haben wir zudem 650 Freiwillige engagiert, die an den Flughäfen und Bahnhöfen in der Region sowie in den Tagungsstätten präsent sein werden, um den Teilnehmern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Sie sind an den weißen T-Shirts mit dem Cop23-Logo zu erkennen. Wir haben sie aus aller Welt gewinnen können.

Sind sie rein ehrenamtlich dabei?

Süsterhenn: Ja. Sie erhalten ein Verpflegungspaket und die einmalige Chance zum Erfolg der Cop beizutragen

Was sind die häufigsten Fragen, die Ihnen derzeit gestellt werden?

Süsterhenn: Ob wir es mit dem Aufbau der temporären Konferenzstätten auch rechtzeitig schaffen: ein klares Ja! Oder die Frage, ob wir mit Zuständen rechnen wie beim G20-Gipfel in Hamburg: ein klares Nein. Das versichert uns jedenfalls die Polizei.

Welche Frage können Sie derzeit gar nicht beantworten?

Süsterhenn: Das ist die Frage nach der genauen Teilnehmerzahl. Wir schätzen sie auf bis zu 25 000. Aber die Registrierung läuft noch, sie wird auch nach dem Beginn der Cop23 nicht abgeschlossen sein.

Wie läuft die Koordination der technischen Arbeiten ab? Und wie klappt da die Zusammenarbeit?

Süsterhenn: Es hat sich als richtig erwiesen, mit der Hamburger Agentur Vagedes & Schmid einen Generalübernehmer mit der Errichtung der Zeltstadt in der Rheinaue, der Bonn-Zone sowie den temporären Erweiterungsbauten am World Conference Center Bonn, der Bula-Zone, zu beauftragen. Das sind immerhin insgesamt 55 000 Quadratmeter, die zusätzlich als Konferenzflächen geschaffen werden. Die Agentur, die während der Konferenz mit 120 Mitarbeitern vor Ort tätig sein wird, hat in unserem Auftrag dafür 70 Handwerksunternehmen engagiert. Übrigens: Beinahe das ganze Material, wie Zelte oder sogar die Teppichböden, werden hinterher eine Wiederwendung finden.

Angesichts des doch recht kurzen Vorlaufs: Muss der Bund Beschleunigungsprämien zahlen, wenn ja, wie hoch sind diese?

Süsterhenn: Unbestritten gibt es einen Zeitdruck. Der ist in der Preisgestaltung berücksichtigt worden.

Wie teuer wird die Cop 23 am Ende für den Bund?

Süsterhenn: Wir haben 117 Millionen Euro kalkuliert, wovon 17 Millionen das Auswärtige Amt der UN für die Anmietung des WCCB bereitgestellt hat. Das wird insgesamt ausreichen.

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