Immer noch ein streitbarer Geist GA-Serie Bonner Köpfe: Geert Müller-Gerbes

Bonn · Vom Sprecher des Bundespräsidenten Gustav Heinemann zum Pionier der Talkshow: Geert Müller-Gerbes hat viel gesehen und viel erlebt. Seine Familie ist seine Kraftquelle, Niederholtorf sein geschätzter Wohnort.

Die Modelleisenbahn in seinem Haus in Niederholtorf ist die große Leidenschaft von Geert Müller-Gerbes.

Die Modelleisenbahn in seinem Haus in Niederholtorf ist die große Leidenschaft von Geert Müller-Gerbes.

Foto: Barbara Frommann

Ein streitbarer Geist ist er immer noch. Einer, der sich einmischt und Probleme schonungslos benennt. „Der langwierige Ausbau der Römerstraße, das WCCB-Desaster mit dem immensen Schaden für den Steuerzahler, die Unfähigkeit, die Sanierung des Hauptbahnhofs mit der Neugestaltung der Südüberbauung zu koordinieren – dabei müssen einem doch die Haare zu Berge stehen.“ Und Geert Müller-Gerbes legt nach. „Wir können die Welt offenbar nicht ändern. Sondern wir können nur zur Kenntnis nehmen, dass selbst nach Tausenden Jahren immer noch die gleichen Fehler gemacht werden.“

Journalist, Pressereferent des Bundespräsidenten, Fernsehmoderator und einer, der Talkshows salonfähig gemacht hat: Knapp 40 Jahre lang sorgte „GMG“ dafür, dass andere eine gute Figur in der Öffentlichkeit machten. Jetzt steht er selbst im Mittelpunkt. Am 18. September wird er 80 Jahre alt. „Dann haben wir hier in Niederholtorf Tag der offenen Tür“, sagt er und lacht. „Hoffentlich spielt das Wetter mit.“

Nach Stationen bei Tagesspiegel, Rias und IBM zog es den jungen Journalisten Ende der 1960er Jahre nach Bonn. „Berlin wurde immer enger, hier gab es im Umfeld der Regierung gute Jobs. Und ich musste schließlich eine Familie ernähren“, erzählt er. Eher zufällig erfuhr er, dass der damalige Bundespräsident Gustav Heinemann einen Pressereferenten suchte. „Gemeinsam mit einem Freund habe ich bei ein paar Aquavit meine Bewerbung geschrieben“, berichtet Müller-Gerbes schmunzelnd.

Das Schriftstück war trotz der hochprozentigen Kräuterschnäpse offenbar hervorragend gelungen. Er bekam den Job, wurde mit 31 Jahren Pressereferent des höchsten Mannes im Staat. Müller-Gerbes begleitete Heinemann nicht nur auf dessen Auslandsreisen, sondern musste auch auf aktuelle politische Ereignisse blitzschnell reagieren. „Nach der gescheiterten Geiselbefreiung in München 1972 haben wir mitten in der Nacht eine Rede für den Präsidenten geschrieben, die er bei der Trauerfeier am gleichen Tag gehalten hat. Dieses Drama war wirklich die größte Tragödie in meiner beruflichen Laufbahn.“ Von seinem damaligen Chef schwärmt er indes immer noch in höchsten Tönen. „Heinemann hat mich tief beeindruckt. Es gab eine absolute Identität zwischen dem, was er sagte und dem, was er tat.“

Ab 1985 moderierte Müller-Gerbes für RTL die Talkrunde „Bonnfetti“, die aus dem Bonner Contra-Kreis-Theater gesendet wurde. „Dabei hatte ich einmal auch das Bein von Marika Rökk, die damals schon deutlich über 70 war, vor der Nase. ,Fühlen Sie mal, es knarrt noch nichts' sagte sie in ihrem unverwechselbaren Akzent.“ Mehr als 500 Gesprächspartnern fühlte „GMG“ in fünf Jahren vor laufender Kamera auf den Zahn.

Dennoch blieb immer noch Zeit, sich ehrenamtlich zu engagieren. So war er Schirmherr der Bonner Tafel und unterstützt die Arbeit des Evangelischen Kirchenpavillons. Ganz besonders am Herzen liegt ihm jedoch der Beueler Hospizverein. „Das christliche Leben war immer ein Teil von mir. Die Kirche braucht viele Unterstützer, um das zu leisten, was von staatlicher Stelle nicht geleistet werden kann“, sagt er. Dazu gehören auch die Weihnachtsfeier für Senioren, die er organisiert, oder die regelmäßige Einladung zur Andacht in den Kirchenpavillon in der City.

Doch sein Herz schlägt für Schienen, Miniaturfiguren, Lokomotiven und Waggons. „Das ist meine große Leidenschaft“, strahlt er und zeigt die große Modelleisenbahn mit einem eigens konstruierten Schaltpult, von dem aus er den Verkehr regelt. „Hier kann ich mich stundenlang aufhalten und brasseln.“ Seine Züge halten allerdings nicht nur am Bahnhof von Niederholtorf, sondern steuern auch die „Müller-Gerbes-AG“ an, ein großes Industrieunternehmen im Bergbau.

Ein runder Geburtstag ist immer auch Anlass für Wünsche und Hoffnungen. „Ich hoffe, dass ich so lange in meinem Haus wohnen kann,wie ich lebe. In wünsche mir, dass das Beethovenfest wirklich in der Beethovenhalle stattfindet und dass das Contra-Kreis-Theater mindestens doppelt so alt wird wie ich bin“, sagt er. Er lacht – und freut sich auf seinen Geburtstag.

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