Gewalt gegen Frauen und Kinder Frauenhaus in Bonn ist völlig überlastet

Bonn · Auch 40 Jahre nach der Vereinsgründung gibt es zu wenig Plätze für misshandelte Frauen im Frauenhaus in Bonn. „Unsere Arbeit ist immer noch genauso wichtig wie 1979“, sagt Eva Risse, Mitarbeiterin des Bonner Vereins Frauen helfen Frauen.

Gewalt gegen Frauen hat viele Facetten. Meist fängt es mit einer Beleidigung oder Herabwürdigung an, geht über finanzielle Sanktionen und endet nicht selten in brutalen Schlägen. Hilfe in Not, Beratung sowie eine sichere Unterkunft bietet das autonome Frauenhaus „Frauen helfen Frauen“ seit 40 Jahren in Bonn. „Und unsere Arbeit ist immer noch genauso wichtig wie 1979“, sagt Eva Risse, die als Mitarbeiterin des Bonner Vereins von Anfang an dabei ist.

Allein im vergangenen Jahr mussten 465 Hilfesuchende abgewiesen und an andere Frauenhäuser weitervermittelt werden, weil es keinen Platz mehr gab (2017: 413). Längst nicht allen Opfern könne unmittelbar geholfen werden. Belegt sei die hohe Zahl jener, die keine sichere Unterkunft beziehen konnten. „Allein gestern musste ich drei Frauen mit insgesamt fünf Kindern absagen, weil alles belegt ist“, so Risse. 68 Frauen seien im vergangenen Jahr in den Einrichtungen des Vereins untergekommen. Insgesamt gebe es in der Stadt nur 42 Plätze. Manche Frauen blieben länger und stellten mit Unterstützung der Helfer die Weichen für ein neues Leben, doch einige kehrten trotz der schrecklichen Erfahrungen nach Hause zurück.

Ein weiterer Schwerpunkt des Vereins ist die Beratung in juristischen, finanziellen und medizinischen Fragen. Finanziert wird die Arbeit größtenteils durch das Land sowie durch Spenden. Dabei gebe es nicht „den Täter“ oder „das Opfer“, erklärt Maria Bobinger, die seit einem halben Jahr die sieben Mitarbeiterinnen unterstützt. „Zu uns kommen Frauen jeden Alters und aus jeder Bildungsschicht. Es ist alles dabei, von 18 bis 70 Jahren.“ Nicht immer sind es Ehemänner, die handgreiflich werden. Auch Väter, Brüder und in seltenen Fällen auch Mütter würden Frauen körperlich und seelisch misshandeln.

„1979 hielt man uns für überflüssig“

Anlässlich des 40-jährigen Bestehens erinnert sich Risse an die Anfänge. „1979 hielt man ein Frauenhaus für überflüssig. Damals bekamen wir die Antwort, dass Bonner Beamte ihre Frauen nicht schlagen“, sagt sie und schüttelt den Kopf.

Heute wisse man, dass es Gewalt gegen Frauen auch in Bonn „in erschreckend hohem Ausmaß gibt“. Die Notwendigkeit, Frauen und Kinder zu schützen, werde heute nicht mehr bestritten. „Für 3291 Frauen und 2445 Kinder war das autonome Frauenhaus in den 40 Jahren ein Neuanfang für ein Leben ohne Gewalt, Demütigung und Unterdrückung“, so Risse. Damit jeder selbstbestimmt, angst- und gewaltfrei leben kann, müssten allerdings die Rahmenbedingungen geändert werden. „Bisher gibt es keine einheitliche Handlungsstrategie in Deutschland. Es gibt vielmehr einen Flickenteppich von verschiedenen Projekten.“ Über alle politischen Ebenen hinweg sollten einheitliche Regeln gelten. „Der Gesetzgeber ist ebenso gefordert wie Lehrer und Mitarbeiter in Gesundheitsberufen. Das Thema muss stärker ins Bewusstsein rücken“, sagt Risse. Ihrer Erfahrung nach werden meist die zu Tätern, die selbst in der Jugend Gewalt erfahren oder erlebt haben. „Daher ist Kinderschutz immer auch Prävention.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort