Prozess im WCCB-Skandal Ex-OB Bärbel Dieckmann als Zeugin geladen

BONN · Auf Antrag der Stadt Bonn soll die ehemalige Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann in einem Schadensersatz-Prozess zum WCCB Rede und Antwort stehen.

Bärbel Dieckmann (SPD), ehemalige Bonner Oberbürgermeisterin, in deren Amtszeit die zentralen Weichen für den Bau des World Conference Center Bonn (WCCB) und eine 74,3-Millionen-Bürgschaft gestellt wurden, soll nun doch im Gerichtssaal erscheinen. Sie ist im Verfahren 1O36/14 von der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn am 14. Juni als Zeugin geladen – auf Antrag des Klägers, der Stadt Bonn. Die Kommune hat den wegen Betruges verurteilten WCCB-Investor Man-Ki Kim (SMI Hyundai Corp.) auf Schadensersatz verklagt.

In dem seit Anfang 2014 laufenden Zivilprozess wurden bereits zahlreiche Politiker als Zeugen vernommen, die 2005 im Stadtrat saßen und am 14. Dezember 2005 einer Beschlussvorlage zustimmten. Darin stand, dass Kim/SMI Hyundai Corp. WCCB-Investor wird, dass das Projekt die Stadt nichts kostet und der Sparkassenkredit an den Investor durch eine sogenannte Nebenabrede zwischen Bank und Stadt abgesichert wird. Sie gelte, so die Vorlage, lediglich nach Baufertigstellung für die Betriebsphase, falls der Investor den Kapitaldienst dann nicht mehr bedienen können sollte.

Tatsächlich verbarg sich hinter dem Begriff „Nebenabrede“ eine städtische Bürgschaft über 74,3 Millionen Euro, die aus Sicht der Sparkasse notwendig wurde, weil die Bonitätsprüfung des Investors negativ ausgefallen war. Das Ergebnis dieser Prüfung sowie die Tatsache, dass „Nebenabrede“ Bürgschaft bedeutete, war jedoch dem Rat zum Zeitpunkt der Abstimmung, so Zeugen im Kim-Strafrechtsprozess, nicht bekannt.

Wie es zu dieser Bürgschaft kam und wer sie mit der Sparkasse konkret verhandelte, konnte im Strafprozess gegen Kim nicht aufgeklärt werden, weil zentrale Zeugen von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machten, darunter auch Ex-OB Dieckmann. Dieses Recht steht jeder Person zu, die sich durch eine wahrheitsgemäße Aussage möglicherweise selbst belasten könnte.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bonn gegen die damalige Bonner Verwaltungschefin wegen Untreue im besonders schweren Fall waren im März 2012 nach Paragraf 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung eingestellt worden. Bei neuen Erkenntnissen hätten sie wieder aufgenommen werden können, aber nur bis zu fünf Jahre lang. Sie sind somit strafrechtlich endgültig eingestellt, womit auch das Zeugnisverweigerungsrecht erloschen ist.

Nach GA-Informationen hat die Stadt Bonn bei Dieckmann kürzlich eine Verlängerung der Verjährungsfrist um ein weiteres Jahr erwirkt. Hintergrund: Sollte sich noch ein begründeter zivilrechtlicher Anspruch der Stadt gegen Dieckmann aus dem WCCB-Geschehen ergeben, wäre dieser sonst ebenfalls verjährt gewesen. Ob Dieckmann auch im Zivilprozess ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, ist rechtlich kompliziert.

Das 2015 eröffnete WCCB belastet die Stadt über Jahrzehnte mit rund 300 Millionen Euro. (ga)

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