Jazzfest Bonn Ein Ruck ging durch die Szene

Bonn · Nach dem Tod Roger Ciceros übernimmt Thomas Quasthoff den Eröffnungspart zum Jazzfest Bonn

Roger Ciceros Tod war ein Schock für uns alle.“ Aus diesen Worten spricht nicht in erster Linie der Impresario des Jazzfests Bonn, Peter Materna, der durch den tragischen Tod des gerade einmal 45 Jahre alt gewordenen Jazzsängers Cicero an Gründonnerstag nicht nur einen Top-Act des Festivals, sondern auch noch den Eröffnungsmusiker für den 22. April im Telekom-Forum verlor. Aus diesen Worten spricht tiefe Betroffenheit: Cicero und Materna waren eng befreundet, hatten gemeinsam musiziert, hatten sich etwas aus den Augen verloren und dann wieder zueinandergefunden. Gleich nach der Todesnachricht setzte im Jazzfestbüro hektische Betriebsamkeit ein, „es gab viele besorgte Anrufe vom Publikum, nicht nur wegen der Karten“, erinnert sich Materna, „da ist ein Ruck durch die Szene gegangen“.

Materna hat gestern einen neuen, exzellenten Jazzsänger für die Jazzfesteröffnung vorgestellt: Thomas Quasthoff, weltberühmter Bassbariton, der auf Opernbühnen ebenso glänzte wie als klassischer Liedsänger im Konzertsaal, 2006 dann mit Till Brönner, Dieter Ilg und anderen sein erstes Jazzalbum aufnahm. Der 56-jährige Quasthoff, der mit einer Conterganschädigung geboren wurde, ist ein begnadeter Allrounder, nicht nur als Musiker und Sänger, sondern auch auf der Theater- und Kabarettbühne.

„Quasthoff ist mir schon lange durch den Kopf gegangen“, erzählt Materna, „ich hatte ihn auf der Liste fürs Jazzfest.“ „Ich wollte für die Eröffnung des Festivals unbedingt einen Sänger haben“, sagt Materna, „es ist unglaublich, wie Quasthoff singt, wie er mit seiner Stimme arbeitet.“ Der Jazzfest-Chef ist erleichtert, dass einem Start mit Prominenz nun nichts im Weg steht. Quasthoff nach Bonn geholt zu haben, ist ein Coup.

Als Mann mit „der schönsten Stimme der Welt“ lobte ihn das Magazin Stern. Doch wie kommt ein Klassiker zum Jazz? „Man wächst mit Musik auf“, hat Quasthoff einmal gesagt, „und bei mir waren die Übergänge, sagen wir mal, sehr fließend“. Eine Affinität zum Jazz hatte Quasthoff, so sagt er, schon seit seiner frühsten Jugend.

Sein Album „Tell it like it is“, das nach dem von Brönner produzierten jazzigen Erstling „Watch What Happens“ erschien, gibt einen Einblick in seinen riesigen musikalischen Kosmos. Der reicht von Stevie Wonders „Have A Talk With God“ und der Bluesnummer „The Seventh Son“ von Willie Dixon über die Ballade „Have A Little Faith On Me“ von John Hiatt bis hin zum „herrlich kitschigen“ (Quasthoff) „Rider in the Rain“ von Randy Newman und dem Klassiker „Georgia On My Mind“. Quasthoffs Stimme kann dunkel grummeln und sehr klar strahlen, ist soulig, bluesig, klingt mal weich und zart, mal aggressiv. Er geht an die Interpretation eines Countrysongs mit der ernsten Akribie heran, als ob es sich um ein Schubert-Lied handle. In einem Gespräch zu „Tell it like it is“ sagte Quasthoff, dass er sein Projekt auch „My favourite Things“ hätte nennen können, Musik unter der Prämisse, „was mag ich eigentlich?“. Wichtig sind ihm Emotionen, ist ihm eine Musik, die bewegt.

Nach Bonn kommt Quasthoff mit einem herausragenden Trio. Das besteht aus dem Pianisten Frank Chastenier, Mitglied der WDR Big Band und exzellenter Jazzer, sicherlich der richtige Mann, um dem Stimmvolumen Quasthoffs etwas entgegensetzen zu können. Mit Wolfgang Haffner am Schlagzeug hat Quasthoff einen der besten und profiliertesten Drummer seiner Zeit im Trio. Großartig ist auch der Bassist Dieter Ilg. Ein eingespieltes Team: Seit Jahren tourt Quasthoff mit diesem Trio durch Konzertsäle und Festivals. Was die vier Ausnahmemusiker zusammenschweißt: „Das Allerentscheidenste ist“, sagt Quasthoff, „dass wir mit dieser Musik Spaß haben: Die Zuhörer, die Musiker und nicht zuletzt auch ich.“

Kartenbesitzer, die wegen des Todes von Roger Cicero ihre Tickets für den 22. April zurückgeben möchten, können dies bei bonnticket tun. Bei Fragen und Problemen können sie sich an die Tickethotline wenden, Telefon 0228/502010. Neue Interessenten, die gerne das Thomas Quasthoff Trio und das Bundesjazzorchester im Doppelkonzert im Telekom-Forum erleben möchten, können sich auf der Homepage von bonnticket informieren.

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