Flüchtlinge in Bonn Die meisten Syrer fühlen sich willkommen

Bonn · Zwei Flüchtlinge haben eine Umfrage unter ihren Landsleuten durchgeführt. Viele haben Heimweh und vermissen ihre Familien und Freunde, die Mehrheit jedoch fühlt sich in Bonn willkommen.

 Bashar Abdo (links) und Nidal Rashow haben unter Syrern eine Umfrage gemacht.

Bashar Abdo (links) und Nidal Rashow haben unter Syrern eine Umfrage gemacht.

Foto: Barbara Frommann

Bashar Abdo und Nidal Rashow schmieden Zukunftspläne: Abdo, der in Syrien Computertechnik studiert hat, will im Herbst an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin mit dem Master in Informatik beginnen. Rashow, Lehrer für Englisch und Literatur, wird wahrscheinlich an der Katholischen Hochschule Soziale Arbeit studieren. „Und das als Moslem“, sagt der 30-Jährige, der vor zwei Jahren vor dem Krieg aus Aleppo geflohen ist.

Nach Integrationskursen haben beide ein Stipendium der Otto-Benecke-Stiftung, um sich auf die akademische Ausbildung vorzubereiten.

„Wir haben wirklich Glück gehabt“, sind sich die beiden Männer einig. Und sie wollten wissen, wie es ihren Landsleuten in Bonn geht. Dafür befragten sie 194 Syrer in drei Flüchtlingsunterkünften in verschiedenen Stadtteilen nach ihren Erfahrungen, Wünschen und Problemen. „Wir wollten einerseits einen Überblick darüber haben, wie es ihnen geht“, erklärte Abdo.

„Andererseits zeigen ihre Antworten, welche Hoffnungen, Perspektiven und Schwierigkeiten sie haben. Mit den Ergebnissen wollen wir zwischen Bonnern und Flüchtlingen vermitteln.“ Insgesamt stellten sie 22 Fragen. Dafür entwarfen sie einen Fragebogen in ihrer Muttersprache.

Beteiligt haben sich zum größten Teil Männer im Alter zwischen 18 und 40 Jahren. Mehr als 85 Prozent von ihnen haben einen Hochschulabschluss, Abitur oder eine Berufsausbildung. Die Aussicht auf eine Arbeitsstelle, die Zusammenführung von Familienangehörigen oder die Studienmöglichkeiten lockten den größten Teil nach Deutschland.

Willkommen fühlen sich knapp 64 Prozent der Syrer, lediglich drei Prozent antworteten auf diese Frage mit Nein.

Fast alle haben bereits genaue Zukunftspläne: Erst Deutsch lernen, dann arbeiten oder studieren – so sieht für die meisten die Zukunftsperspektive aus. Als sehr gut empfindet der weitaus größte Teil die Hilfsbereitschaft der Bonner. Bei der Frage, ob sie diskriminiert wurden, antworteten knapp 70 Prozent mit Nein, 19 Prozent mit Ja.

„Aber diese Frage hätten wir anders formulieren müssen“, meint Abdo selbstkritisch. „Wir haben nicht ausdrücklich danach gefragt, von wem sie diskriminiert wurden. Denn so etwas findet häufig unter den Flüchtlingen in den Unterkünften statt.“

Aber es gibt auch Kritik. Die Befragten wünschen sich einen intensiveren Kontakt mit den Bonnern oder eine schnellere Familienzusammenführung. Die Zusammenarbeit mit Behörden sei ebenfalls nicht immer ganz einfach und verständlich.

Dennoch: Fast 54 Prozent der Befragten wollen auch nach dem Kriegsende in Deutschland bleiben, lediglich 10,8 Prozent planen derzeit eine Rückkehr. Die Trennung von Familien und Freunden ist für alle Befragten ein großes Problem. „Ich vermisse Syrien“, lautet eine Antwort.

Die Ergebnisse ihrer Umfrage haben die beiden Männer bereits bei der Volkshochschule vorgestellt. Im November präsentieren sie ihre Arbeit Studenten der Bonner Uni. „Wir möchten möglichst vielen Menschen unsere Geschichte und die unserer Landsleute erzählen. Vom Krieg, von der Flucht und dem Neuanfang“, erklärt Nidal Rashow. „Wir sind nicht hier, um auf Kosten anderer zu leben. Sondern wir wollen eines Tages das zurückgeben, was wir bekommen haben. Diese Botschaft wollen wir vermitteln.“

Beide arbeiten bereits an einer zweiten Umfrage. Diesmal wollen sie Bonner befragen, was sie über das Leben der Flüchtlinge wissen, was sie kritisieren und was sie sich im Zusammenleben wünschen. „Wir sind schon heute sehr gespannt auf die Antworten“, so Rashow.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort