Beuel vor 60 Jahren Zwei britische Düsenjäger kollidieren bei Übungsflug

BEUEL · Vor genau 60 Jahren stürzte im Beueler Süden ein Düsenjäger ab. Die Minuten vor dem tragischen Unfall erlebten viele Beueler so: Flammender Lichterschein am dunklen Firmament erschreckte die Passanten auf den Straßen. Stotternder Motorenlärm und Explosionsgeräusche dröhnten vom Himmel herab.

Nach dem Flugzeugabsturz: Aufräum- und Reparaturarbeiten am Werksdach der Süßwarenfabrik Kessko an der Königswinterer Straße in Beuel.

Nach dem Flugzeugabsturz: Aufräum- und Reparaturarbeiten am Werksdach der Süßwarenfabrik Kessko an der Königswinterer Straße in Beuel.

Foto: Max Malsch (Repro)

Ein Mann, der am Beueler Bahnhof stand, sah eine glühende Fackel, die sich dem Erdboden näherte. Dann ein krachender Aufschlag in Limperich: Ein britischer Düsenjäger der Royal Air Force war am 26. September 1955 um 22.23 Uhr in ein Haus in Limperich eingeschlagen.

In Sekundenschnelle stand das zweigeschossige Gebäude in der Straße "Am Finkenberg" in Flammen. Die Bewohner des Hauses, zwei ältere Leute und ein Ehepaar mit seinem dreijährigen Sohn, konnten sich im letzten Augenblick vor der Feuersbrunst retten. Die Mutter sprang aus dem Fenster im ersten Stockwerk, weil ihr die Flammen den Fluchtweg versperrt haben. Dabei zog sie sich leichte Verletzungen zu.

Bonns Feuerwehr gab Großalarm. Zwei Beueler Löschzüge waren schon wenige Minuten nach dem Absturz des Flugzeuges zur Stelle. Die ausgerollten Schläuche blieben jedoch vorerst ohne Wasser, da der Hydrant defekt war.

Tausende Menschen hatten sich inzwischen in Limperich versammelt und blockierten die Straßen. Unablässig mühten sich Feuerwehrleute und freiwillige Helfer, den Hausrat vor den Flammen zu retten. Um 22.50 Uhr hieß es endlich "Wasser marsch". Kurze Zeit später war der Brand unter Kontrolle. Das Feuer loderte noch einmal am nächsten Vormittag auf. Wie die Ermittlungen der Polizei ergaben, waren zwei Düsenjäger des Typs Meteor bei einem nächtlichen Übungsflug in etwa 2000 Metern Höhe südlich von Bonn zusammengeprallt.

Maschine stürzt über Limperich ab

Die eine Maschine stürzte über Limperich ab, die andere auf freiem Gelände nahe der US-Siedlung in Plittersdorf. Die Besatzungsmitglieder konnten sich mit Fallschirmen retten. Wrackteile fand man im weiten Umkreis. Die Flugzeug-Kanzel lag in der Nähe des Küdinghovener Bahnhofs.

Auch in Bonn gingen Wrackteile nieder: Ein etwa 60 Pfund schweres Eisenrad durchschlug das Dach der Mensa Nassestraße. Für Nachtportier Eduard Pinnen, der sich damals in der Pförtnerloge im Parterre des Gebäudes befand, hörte es sich wie ein "Bombeneinschlag" an. Anlässlich des 50. Jahrestages erinnerte sich Pinnen: "Ich glaubte im ersten Augenblick an einen Fliegerangriff".

Das Flugzeug-Unglück traf auch die Süßwarenfabrik Kessko in Beuel hart. Eine Tragfläche des Meteor Düsenjägers stürzte auf das Dach der Werkhalle und riss ein großes Loch in die Decke. Stahlträger zerbrachen, Fensterrahmen wurden aus der Mauer gerissen. Im Inneren der Halle wurde die große Nussröster-Maschine mit der Gebläse-Anlage zerstört. Betriebsmeister Bernhard Henseler, der Nachtdienst hatte, war zum Zeitpunkt des Unglücks nur drei Meter von der Einsturzstelle entfernt. Er blieb ebenso unverletzt, wie alle anderen vom Absturz Betroffenen.

Gesamtschaden von etwa einer Million Mark

Einen Tag nach der Katastrophe besuchten Beuels damaliger Bürgermeister Johann Link und Stadtdirektor Rudolf Hahn die Firma, um gemeinsam mit Fabrikant Gustav Kessler sowie englischen und deutschen Fachleuten den Schaden zu begutachten. Allein bei Kessko sind damals mehr als 200.000 Mark Schaden entstanden. Der Gesamtschaden in Bonn betrug fast eine Million Mark. Die Geschädigten erhielten ihr Geld vom englischen Besatzungskostenamt. Helmut Kessler, ehemaliger Kessko-Geschäftsführer, erinnert sich noch genau: "Es war ein langer Kampf, bis wir das Entschädigungsgeld hatten. Letztlich hat unsere Versicherung gezahlt. Drei Wochen lang fiel wegen der Reparaturarbeiten die Produktion aus. Wir haben einige Produktionsbereiche ins Freie verlagert."

Heute erinnert ein Rad der Air Force-Maschine an den Absturz von 1955. Helmut Kessler hat es an der Fabrikdecke anbringen lassen - dort, wo damals die Tragfläche des Düsenjägers in die Werkhalle eingeschlagen ist.

Der damalige Stabschef der auf dem Flugplatz Köln-Wahn stationierten 83. Royal Air Force-Einheit, Wing Commander Porter, entschuldigte sich bei Bonns Oberbürgermeister Peter Maria Busen für die schweren Schäden in Bonn und sagte zu: "Wir werden in Zukunft bemüht sein, bei Nachtflügen die Stadtgebiete zu meiden."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Der Macke vom Müll
Neue Folge des Crime-Podcasts „Akte Rheinland“ Der Macke vom Müll
Aus dem Ressort