Kunstmuseum Bonn Saxofonist Peter Materna begegnet der Kunst Juan Uslés

Der nächste Querpass-Kandidat im Kunstmuseum ist der Bonner Saxofonist Peter Materna. Er begegnet morgen, Mittwoch, 19 Uhr, der Malerei von Juan Uslé und dessen Zyklus "Soñé que revelabas". Das Format Querpass soll ungewöhnliche Zugangswege zur Kunst präsentieren. Mit Materna sprach Thomas Kliemann.

Intensiver Dialog mit der Malerei von Juan Uslé: Peter Materna spielt im Kunstmuseum.

Intensiver Dialog mit der Malerei von Juan Uslé: Peter Materna spielt im Kunstmuseum.

Foto: Horst Müller

Am Mittwoch spielen Sie mit Ihrem Saxofon vor Bildern des Spaniers Juan Uslé im Bonner Kunstmuseum. War das Gipfeltreffen von Malerei und Jazz Ihre Idee?
Peter Materna: Stephan Berg hatte die Idee. Er wusste, dass ich anlässlich der Trauerfeier des Malers Martin Noël gespielt hatte und schlug mir vor, zu den Werken von Juan Uslé zu spielen. Ich hatte sie mir am Tag zuvor angeschaut, wusste also, worüber er sprach. Ich bin noch einmal in Kunstmuseum gegangen, um zu sehen ob das möglich ist.

Und?
Materna: Diese Bilder sind wie gemacht für Musik.

Wie meinen sie das?
Materna: Die Rhythmik, die Reduktion der Bilder sind wie eine Steilvorlage für mein Spiel und meine Inspiration. Das Thema der Reduktion hat mich schon immer interessiert. Uslé hat das in der Malerei auf den Punkt gebracht. Viel Schwarz und wenig Farbe sind das erdende Element.

Spielt es für Sie eine Rolle, dass die meisten Bilder dieser Serie nachts entstanden, zudem in New York, der Metropole des Jazz?
Materna: New York - das ist wieder eine Steilvorlage. Die pulsierende Stadt, die Hektik. Und er folgt seinem Herzschlag, agiert, malt nach ihm, reduziert sich auf den Herzschlag, während andere schlafen. Das gefällt mir. Ich weiß aber nicht, ob das für mich eine Rolle spielt. Kann sein.

Hat Uslé beim nächtlichen Malen Jazz gehört?
Materna: Stephan Berg hat mir erzählt, dass Uslé wenn überhaupt gregorianische Choräle gehört hat. Sehr archaisch.

Ein Spanier malt nachts in New York nach gregorianischer Musik...
Materna: ...minimalistische Bilder. Das ist toll. Mich hat die Beschäftigung mit diesen Bildern wieder zur Kunst gebracht. Mit Martin Noël konnte ich bis zu seinem Tod über Kunst reden. Dieses Ding jetzt hat mich wieder reingesogen. Ich gehe in Galerien, zur Art Cologne, recherchiere im Internet. Es ist toll, was Uslé sonst noch gemalt hat.

Bereiten Sie sich für Mittwoch vor. Hindert es, zu viel über den Künstler zu wissen?
Materna: Hier überwog die Neugierde. Was meint er? Was will er? Warum verbringt ein Mensch so viele Jahre mit einem Thema? Das ist wie wenn ich "All The Things You Are" 20 Jahre spiele.

Was dann immer anders klingt.
Materna: Das ist hier auch so. Zuerst dachte ich, die Bilder sind wie schwarze Löcher, die saugen mich ein. Aber es hängt von einem selber ab, in welcher Stimmung man ist. Mich würde auch interessieren, wie Uslé reagiert, wenn er meine Musik hört.

Was erwartet den Besucher am Mittwoch? Werden Sie sich vor ein Bild stellen und dann mit dem Saxofon loslegen?
Materna: Ich habe einige Bilder ausgesucht, die mich ansprechen. Eines davon wirkt, als sei es dreidimensional. Das verbindende Element ist der Raum. Man stellt sich in den Raum, in dem die Kunst hängt und tritt automatisch in einen Dialog. Ich werde sehen, was dann passiert. Reagiere auf den Raumeindruck, auf die Menschen, die Akustik.

Sie spielen meist mit geschlossenen Augen? Wie können Sie sich so auf die Bilder beziehen?
Materna: Ich nähere mich der Kunst über den Raumeindruck. Ich bin der, der spielt. Ich interpretiere das Bild nicht. Es ist ein Kommentar zur Situation, in der sich die Bilder befinden. Die Malerei ist der Ansatz zum Dialog.

Werden Sie Stücke aus ihrem Repertoire spielen?
Materna: Nein. Raum und Bilder eignen sich ganz hervorragend für eine freie Improvisation. Ich werde nichts von mir zitieren.

Können Sie sich Kunst vorstellen, zu der Sie nicht spielen können oder wollen?
Materna: Schießbilder von Niki de Saint-Phalle, dazu möchte ich nicht spielen. Kunst, die Geräusche macht, ist schwierig. Ich verabscheue Brutalität in der Kunst, da habe ich ein Problem mit.

Und würden Sie zu Lüpertz' "Beethoven" spielen?
Materna: Den würde ich mir in den Garten stellen.

Ich bewundere, dass Sie sich wenige Wochen vor dem Start Ihres Jazzfest Bonn mit so viel Muße für ein so aufwendiges Kunst-Musik-Projekt einlassen können. Wie geht das?
Materna: Ich bin ja nicht alleine, ich habe ein funktionierendes Team. Wir sind zu viert. Meine Aufgaben sind eigentlich schon erledigt. Ich denke bereits über die Programme 2015 und 2016 nach. Ich bin eher zuständig für strategische Kooperationen.

Das Team bringt die Freiheit?
Materna: So ist es. Ich wollte sowieso mehr spielen. Das ist in den letzten Jahren fast unter die Räder gekommen. Ich habe früher sehr viel gespielt. Dann kam das Festival. Ich habe das vollkommen unterschätzt. Mit meinem perfektionistischen Ansatz ist das ein Problem. Spielen ist wichtig. Wenn du den Kopf nur im Büro hast, hast du nicht mehr den Adlerblick für das Festivalprogramm.

Wäre das Kunstmuseum auch ein möglicher Spielort fürs Festival?
Materna: Ja. Wir fühlen uns in solchen architektonisch und akustischen Räumen sehr wohl.

Ist das Jazzfest schon ausverkauft?
Materna: Fast. Es gibt noch Restkarten für zwei Abenden von zehn. Für die großen Konzerte im Telekom Forum von Nils Petter Molvaer und Wayne Shorter gibt es noch Karten.

Zur Person

Der Jazzmusiker und Initiator des Jazzfest Bonn, Peter Materna, wurde 1965 geboren. 1989 gründete er sein eigenes Quartett, seitdem spielt der Saxofonist in verschiedenen Formationen und auch solo im In- und Ausland. Seine letzte CD "Colours of Spring", die achte in Maternas Diskografie, erschien 2013. Ein Trio-Werk mit Florian Weber und Henning Sieverts.

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