Literaturreihe mit Lars Brandt Ein Herz für Baselitz

Am Mittwoch feiert im Kunstmuseum Bonn ein neues Veranstaltungs-Format Premiere. Autor Lars Brandt hat für diesen Anlass exklusiv die Erzählung "Atlant" geschrieben.

 Lars Brandt liest unveröffentlichte Erzählungen.

Lars Brandt liest unveröffentlichte Erzählungen.

Foto: Renate Brandt

Jeden zweiten Tag sitzt der greise Musikkritiker Reber im Bordone-Saal des Kunsthistorischen Museums in Wien vor einem Gemälde von Tintoretto und leidet wie ein Hund an der Kunst, am Leben und an Österreich, verachtet dabei den Museumswärter Irrsigler, den er einen "Burgenländer Dummkopf" und "Staatstoten" nennt. "Die Kunst ist das Höchste und das Widerwärtigste gleichzeitig", raunt Reber in dem wunderbar bösen und abgründigen Roman "Alte Meister" von Thomas Bernhard, der das Museum als Bühne für seine tiefschwarzen Gedanken gewählt hat.

Literatur, Kunst und Museum: In diesem Spannungsfeld bewegt sich auch nicht nur ein neues Veranstaltungs-Format im Kunstmuseum Bonn, das morgen Premiere hat, sondern auch die Erzählung "Atlant", die Lars Brandt, exklusiv für diesen Anlass geschrieben hat. In "Atlant" ist der Museumswärter, der bei Bernhard noch Statist war, Hauptakteur, ein Mann, der sich im Baselitz-Saal seine Gedanken macht. "Für diese Kunst, für den frühen Baselitz hat der Wärter ein Faible", verrät Brandt.

Für den Intendanten des Kunstmuseums Stephan Berg, der die neue Reihe konzipiert und Brandt eingeladen hat, ist die Figur des Museumswärters die "Schnittstelle zwischen Sammlung, Museum und Besucher". Sinnigerweise wird die Lesung im Baselitz-Raum des Museums stattfinden.

Auch die zweite, ebenfalls unveröffentlichte Erzählung handelt von der Kunst: "Am Boden" schildert aus der Perspektive eines Künstlers dessen Weg zu einer eigenen Ausstellung in Genua, auf die er eigentlich keine Lust hat. Die Perspektive des bildenden Künstlers ist dem in Bonn lebenden Autor Lars Brandt vertraut: Er malt, hat filmische Porträts geschaffen und unter anderem im Bonner Kunstmuseum Performances aufgeführt. Auch bei seinen literarischen Arbeiten geht er häufig mit dem Blick des Künstlers vor, einer Wahrnehmung, die subtil beobachtet. Brandts Schilderungen sind plastisch und anschaulich. Sein Buch "Andenken", ein meisterhafter Gedankenstrom über den Vater Willy Brandt, glänzt als kunstvolle Text-Collage. Die Romane "Gold und Silber" und "Alles Zirkus" atmen ironisch den süffigen Geist der Künstlerbohème. In "Alles Zirkus" gibt es den ehrgeizigen Trixi, der eine Doku über den Maler Richard Lindner drehen will.

Berg - "ich bin von Haus aus Germanist" - geht hochmotiviert in die neue Reihe, sieht er doch in der Literatur einen wichtigen Anreger für die Kunst. Fasziniert ist er etwa von William Gaddis' Roman "The Recognitions", in dem ein Kunstfälscher daran gehe, van Eyck zu optimieren, oder von Don DeLillos "Unterwelt" und dessen Gedanken über Müll und Vergänglichkeit. Aufregend an Brandt findet er, wie er das Prinzip Museum durchleuchtet. "Die Sprache der Kunst - Literatur in der Sammlung" nennt er die Reihe, zu der in lockerer Folge Autoren eingeladen werden, mitten im Museum zu lesen und sich danach dem Gespräch stellen. Durs Grünbein steht als nächster Autor auf der Liste.

Kunstmuseum Bonn: "Die Sprache der Kunst", Mittwoch, 19 Uhr

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