Iiro Rantalas großartige Hommage an John Lennon Die Botschaft ist unsterblich

Sein Erweckungserlebnis mit John Lennon hatte der finnische Jazzpianist Iiro Rantala in der Weihnachtszeit 1982. Er war noch Schüler und begleitete einen Kinderchor am Klavier, der mit großer Inbrunst "Happy Xmas (War Is Over)" sang. Das Lied traf den Jungen am Klavier wie ein Hieb.

 Vor dem Konzert: Pianist Iiro Rantala spielt sich warm.

Vor dem Konzert: Pianist Iiro Rantala spielt sich warm.

Foto: Hyou Vielz

Drei Jahrzehnte später sitzt Rantala in der Kölner Philharmonie am Steinway und spielt einen ganzen Abend Musik von Lennon. Der 75. Geburtstag, den der Ex-Beatle am morgigen 9. Oktober feiern würde, ist Anlass für eine Hommage, die mit der Veröffentlichung des Tribute-Albums "My Working Class Hero" begann und nun mit einer Tour fortgesetzt wird.

Man könnte von Annäherungen an John Lennon sprechen, von einer Suche nach dem Kern der Lieder. Denn Rantala verfolgt nicht einfach das Strophe-Refrain-Prinzip, das er in seinen Improvisationen mit hübschen pianistischen Girlanden versehen würde. Meist dauert es ein wenig, bis der Nebel sich über der bekannten Musik lichtet und der Song in hellem (und neuem) Licht erkennbar wird.

Die Stücke - zumindest in der ersten Konzerthälfte - paarweise mit jeweils fließendem Übergang zu präsentieren, ließ sie zu eigenständigen musikalischen Gebilden zusammenwachsen. "Imagine", raunte er in seiner mit schönem finnischen Akzent versehenen englischsprachigen Moderation ins Mikrofon, sei der größte Popsong des vergangenen Jahrhunderts und wahrscheinlich bekannt wie "Happy Birthday To You".

Das habe ihn ein wenig unter Druck gesetzt, weshalb er Hilfe benötige. Und es folgte "Help" als Vorspiel zu diesem Lennon-Klassiker, wobei er den wilden Rhythmus, mit dem er die Musik vor sich her trieb, bei der Zeile "Won't you please, please help me?" zurücknahm und die Musik plötzlich klingen ließ wie die flehende Bitte eines Kindes. In "Imagine" hörte man zwar sehr bald die Melodie, aber Lennons bekanntes Klavier-Intro fehlte zunächst. Als Rantala es nach einer Weile mit der linken Hand doch noch spielte, schien die rechte sich dagegen zu wehren, störte mit bitonalen Harmonien und flog zur Bassregion herüber, wo sie krachend landete.

Rantala ist auch ohne Worte ein großartiger Erzähler. Ihm zuzuhören, wie er Lennons "Because" erstehen lässt, oder in "Norwegian Wood" wie nebenbei Griegs "Peer Gynt" zitiert oder in "Working Class Hero" den Klavierklang mit Tuch und Papier auf den Saiten verfremdet, wie es einst John Cage in seinen Stücken für "Prepared Piano" vorschrieb, macht das Konzert zu einer Entdeckungsreise.

Und das will bei so bekannter Musik etwas heißen. "Happy Xmas" spielt er natürlich auch - mit viel Pathos. Und bei "All You Need Is Love", das er mit der englischen Nationalhymne statt der Marseillaise einleitete, durfte das Publikum sogar mitsingen: "Love, love, love". Die Botschaft ist unsterblich. Als Zugabe ein weiterer Beatles-Klassiker: "Strawberry Fields Forever".

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