Leif Ove Andsnes, Fazil Say und Yundi Li Begegnung dreier Pianisten mit Klavierkonzerten Beethovens

Im Leben der meisten Pianisten von Rang kommt die Zeit, in der sie sich mit den Klavierkonzerten Ludwig van Beethovens auseinandersetzen. Es mag eine kurze Episode in der Karriere sein, wie bei Vladimir Horowitz oder Arthur Rubinstein, oder sich zu einer lebenslangen Leidenschaft entwickeln, wie sie bei Alfred Brendel anzutreffen ist.

 Leif Ove Andsnes macht auf seiner Beethoven-Reise im September in Bonn Station.

Leif Ove Andsnes macht auf seiner Beethoven-Reise im September in Bonn Station.

Foto: Albayrak

In den vergangenen Wochen haben einige Pianisten der jüngeren Generation ihre Sicht auf die Klavierkonzerte auf CD veröffentlicht: Der 44-jährige Norweger Leif Ove Andsnes, der gleichaltrige türkische Musiker Fazil Say und der 32-jährige Chinese Yundi Li, der sich seit kurzem nur noch Yundi nennt.

Im Falle von Leif Ove Andsnes ist die bei Sony erschienene Aufnahme des zweiten und vierten Klavierkonzertes bereits die zweite Veröffentlichung einer auf drei Teile angelegten Gesamtaufnahme. Im Herbst soll das fünfte Klavierkonzert nachgereicht werden. Andsnes nennt sein Projekt hübsch plakativ "The Beethoven Journey", eine Reise, die 2012 begann. Es ist sowohl eine ideelle Reise durch Beethovens Werke für Klavier und Orchester, aber auch eine im ganz wörtlichen Sinne.

Denn Andsnes macht die Beethoven-Konzerte gerade zum Schwerpunkt seiner Touren. Im September kommt er mit dem Mahler Chamber Orchestra, das auch in den Aufnahmen zu hören ist, zum Beethovenfest nach Bonn, wo er an drei Abenden alle fünf Klavierkonzerte plus die Chorfantasie für Klavier, Chor und Orchester aufführen wird. Als Gegenpol tritt Musik Igor Strawinskis ins Rampenlicht.

Doch auch pur, ohne solche dramaturgische Einbettung entfaltet Andsnes' Interpretationskunst ihre Wirkung. Auf der CD wirkt sein Spiel unaufgeregt, natürlich, dabei jedoch alles andere als emotionslos. Sein brillantes technisches Können ermöglicht ein wunderbar klares, extrem nuancenreiches Spiel.

Gerade das vierte, lyrische Klavierkonzert gewinnt dadurch ungemein. Der langsame Satz, in welchem der reine, unschuldige "Gesang" des Klaviers die grimmigen Einwürfe des Orchesters zum Schweigen bringt, erklingt hier in einer Schlichtheit, die auf herzergreifende Weise bewegt. Auch das verspieltere zweite Klavierkonzert, das der Chronologie nach an erster Stelle stehen müsste, findet in Andsnes, der das Orchester vom Klavier aus leitet, einen perfekten Interpreten.

Während Andsnes' auf ungemein hohem Niveau angesiedelte Interpretationen sicher eine breite Zustimmung erfahren dürften, sieht die Sache bei Fazil Say ein bisschen anders aus. Der türkische Musiker sucht in allem, was er tut, das Abenteuer. So auch in dem beim Label naïve erschienenen dritten Klavierkonzert in c-Moll. Der Dirigent Gianandrea Noseda gibt mit dem Radiosinfonieorchester Frankfurt in der langen Exposition ein rasches Tempo vor, das Fazil Say dann temperamentvoll aufgreift.

Sein Spiel ist ungeheuer impulsiv, sehr kontrastreich und (anders als in den ebenfalls auf der CD zu findenden Beethoven-Sonaten op. 27,2 und op. 111) technisch makellos. Dass Say hier eine eigene Kadenz spielt, ist ihm hoch anzurechnen. Wer traut sich das schon? Er jongliert darin souverän mit dem thematischen Material und beschwört damit den improvisatorischen Geist, den eine Kadenz ihrem Ursprung nach auszeichnete.

Die konventionellste Beethoven-Interpretation findet man in der Einspielung des fünften Klavierkonzertes mit dem chinesischen Pianisten Yundi Li und den Berliner Philharmonikern unter Leitung von Daniel Harding (Deutsche Grammophon). Aber auch wenn musikalische Überraschungen hier nicht zu finden sind, beeindruckt doch die romantische Klangfülle, die Yundi Li in dieser Aufnahme am Flügel entfaltet. Er spielt, als wolle er um jeden Preis dem im englischen Sprachraum verbreiteten Beinamen des Konzertes, "Emperor" (Kaiser), gerecht werden.

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