LVR-Landesmuseum in Bonn Amt für Bodendenkmalpflege blickt auf ereignisreiches Jahr zurück

BONN · Von 340 Grabungen landesweit konnte Prof. Jürgen Kunow, Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland, auf der Jahrestagung seiner Institution berichten.

 Ausgrabungen in der archäologischen Zone auf dem Rathausplatz in Köln.

Ausgrabungen in der archäologischen Zone auf dem Rathausplatz in Köln.

Foto: dpa

Hinzu kommen 40 Kölner Rettungsgrabungen durch das Grabungsteam des Römisch-Germanischen Museums der Domstadt. Dabei geht es nicht nur darum, dem Boden möglichst viele Objekte zu entnehmen, sondern auch um ihren Schutz an Ort und Stelle, in jedem Fall um ihre Dokumentation. Unterschieden wird also zwischen "ortsfesten" und "beweglichen" Bodendenkmälern, etwa Siedlungen einerseits und Fossilien andererseits.

Marcus Trier, Direktor des Römisch-Germanischen Museums, verwies auf Grabungen im Gürzenich-Quartier, wo "ortsfeste" gewaltige Hangstützmauern als Teile des römischen Zentralheiligtums ans Licht kamen, eine Großbaustelle in der alten Colonia Claudia Ara Agrippinensium, die den heutigen kaum nachsteht. Einige "bewegliche" Beispiele der Jahresbilanz 2014 sind derzeit in den Vitrinen des LVR-Landesmuseums ausgebreitet.

Einen "Spagat in die Erdgeschichte" (Gabriele Uelsberg) vollziehen die Paläontologen mit ihren Funden derart formschöner Fossilien, als wären Künstler am Werk gewesen. Überrascht hat ein 380 Millionen Jahre alter Panzerfisch von seltener Größe, der nach neuesten Erkenntnissen und Vergleichsfunden in Australien lebendgebärend war. Nach seinem Fundort bei Bergisch Gladbach trägt er den Namen "Ctenerella gladbachensis".

Zum "Fund des Monats" haben die Archäologen ein im Kreis Düren ergrabenes Gefäßensemble gekürt, das von einem früheisenzeitlichen Brandgräberfeld stammt und teilweise durch seine stattlichen Maße imponiert. Eine bauchige Urne mit Deckschale bringt es auf 50 Zentimeter Randdurchmesser. Von der Dekorationslust selbst des Militärs im römischen Bonn erzählen etliche Wandputzfragmente aus den Kasernenbauten des Legionslagers. Technisch folgen sie den Regeln der römischen Wandmalerei auf mehrschichtigem Putz.

Chronologisch vollziehen die frei gelegten Malereien eine Entwicklung von geometrisch gegliederten Flächen mit vegetabilem Dekor zu einer schlichten weißen Flächenfassung mit einem farbigen Gliederungselement - offenbar eine Folge allmählichen Geschmackswandels. Eine Soldatenfrau aus der castra bonnensis könnte die beiden im Rheinland ungewöhnlichen Silberfibeln als nützliches Souvenir mitgebracht haben, als sie ihren Mann mit dem römischen Heer in den rumänisch-ukrainischen Raum begleitet hatte.

Dass Archäologie und Bodendenkmalpflege stetig fortgeschrieben werden müssen, bestätigen die jüngsten Grabungen im römischen Xanten, wo Großbauten mit Mauerzügen von 300 x 100 Metern ein neues Bild der alten Colonia Ulpia Trajana entstehen lassen. Hier hat man nicht nur römische Handwerkshäuser nachgebaut, sondern auch auch vor den Augen des Publikums ein römisches Schiff rekonstruiert; im Frühjahr soll es erprobt und zu Wasser gelassen werden.

In Köln konnten die Archäologen ein Stück der jüdischen Stadtgeschichte freilegen, als sie auf dem Rathausplatz das Fundament eines Thoraschreins fanden, Teil der gotischen Ausstattung in der Synagoge, die 1359 Pestpogromen zum Opfer gefallen ist. Zunehmend berücksichtigt die Bodendenkmalpflege Objekte der Neuzeit und der jüngeren Vergangenheit, darunter die unscheinbare "Zeitkapsel" vom Schloss Broich in Mülheim an der Ruhr, die Dokumente aus dem Ersten Weltkrieg und Münzen enthielt. Eine zusammenfassende Publikation erscheint im Herbst.

Info

LVR-Landesmuseum Bonn bis 9. März; Di bis Fr und So 11-18, Sa 13-18 Uhr

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