Kommunalwahl GA-Podiumsdiskussion: Wahlkämpfer auf dem Prüfstand

BONN · Die städtische Finanznot, das Bonner Verkehrs-Chaos, das Festspielhaus und die Zukunft der Oper - das waren die Top-Themen der gut besuchten Podiumsdiskussion, zu der der General-Anzeiger am Dienstagabend die Spitzenkandidaten der Ratsfraktionen eingeladen hatte.

Im Funkhaus der Deutschen Welle stellten sich Michael Faber (Die Linke), Peter Finger (Bündnis 90/Die Grünen), Klaus-Peter Gilles (CDU), Werner Hümmrich (FDP), Bärbel Richter (SPD) und Bernhard Wimmer (Bürger Bund Bonn) den Fragen von Lisa Inhoffen, Andreas Mühl und Andreas Baumann aus der GA-Redaktion. Auch die Zuhörer nutzen die Gelegenheit, Fragen an die Kandidaten zu richten.

  • Ein drängendes Problem sind die Finanzen und der Schuldenstand der Stadt (siehe Zahlen und Fakten). Entlastung durch Bund und Land sind nötig, aber wo kann Bonn selbst sparen? Die schwarz-grüne Koalition sieht Potenzial bei den städtischen Beteiligungsgesellschaften und Betrieben. Außerdem müssten die internen Kosten der Stadtverwaltung weiter gekürzt werden, betonte Finger.
  • Auch das "Nichtstun" koste Geld, kritisierte SPD-Kandidatin Richter die Koalition - beispielsweise beim Viktoriakarree, das längst durch einen Verkauf Geld in die leeren Kassen hätte spülen können. Bernhard Wimmer (BBB) bekräftigte die Forderung seiner Wählergemeinschaft, pauschal fünf Prozent bei allen freiwilligen Leistungen zu streichen. Weitgehend einig waren sich alle Podiumsteilnehmer, dass hohe Kosten für externe Berater reduziert werden müssten. "Wenn man in der Verwaltung nicht beginnt, sparsamer zu sein, wird es nicht funktionieren", sagte FDP-Kandidat Hümmrich.
  • Bei den Kulturkosten waren sich die sechs Diskutanten einig, dass die Oper erhalten bleiben solle. Auch wenn Wimmer einschränkte: "nicht um jeden Preis". Auch dass der Intendant weiter sparen müsse, beispielsweise durch Kooperationen mit anderen Häusern, war Konsens. Heftig umstritten dagegen, ob in Bonn ein neues Festspielhaus gebaut werden sollte. Während Gilles, Richter, Hümmrich und Wimmer sich generell für einen privat finanzierten Konzertsaal vor allem mit Blick auf das Beethovenjahr 2020 aussprachen, bei dem die Stadt sich allerdings an den Betriebskosten wird beteiligen müssen, warnten Finger und Faber vor möglichen versteckten Kosten für die Kommune. "Ich würde mir das Festspielhaus wünschen, notwendig ist es aber nicht", schränkte Gilles seine Zustimmung ein. Städtische Zahlungen für den späteren Betrieb müssten im Gegenzug bei anderen Kulturausgaben gestrichen werden, so der CDU-Politiker.
  • Dass bei den Verkehrsproblemen, vor denen Bonn nicht zuletzt durch die bevorstehende Sanierung der Nordbrücke steht, "lange geschlafen" wurde, gaben die Kandidaten mehr oder weniger zu. Einig waren sie sich auch darüber, dass die "Südtangente", die einst geplante Verbindung zwischen A3 und A565, nicht die richtige Lösung für die Bonner Verkehrsprobleme sei. Zwar meinte Gilles, die Stadt müsse sich diese Möglichkeit offenhalten.
  • Richter, Hümmrich und Wimmer wiederholten zudem noch einmal die Forderungen ihrer Fraktionen nach einem dreispurigen Ausbau der A 59 und A 565 im Norden Bonns. Alle Parteien setzen allerdings erst einmal auf eine Stärkung der öffentlichen Verkehrsmittel. Dafür müsse auch dem zentralen Bonner Busbahnhof mehr Platz eingeräumt werden, so Faber. Für die näherrückende Sanierung der Nordbrücke forderte Finger einen Katalog an Sofortmaßnahmen, beispielsweise zusätzliche Busse.
  • Wann wird der Bahnhofsvorplatz endlich zu einem repräsentativen Eingangstor in die Stadt? Und hält die Politik an dem umstrittenen Investor Roger Sevenheck fest? Das war nur einer der Fragenkomplexe, die die Zuhörer bewegten. Während sich die Podiumsteilnehmer erfreut über die vorgelegten Entwürfe zur Bebauung des Nordfelds zeigten, blieb der Investor für die Südüberbauung umstritten. Die Opposition im Rat forderte, von Sevenheck, der sich weigere, seine Finanzierung darzulegen, Abstand zu nehmen. CDU und Grüne wollen sich noch bis in die kommende Ratsperiode gedulden.

Wem die Bonner Wähler am ehesten zutrauen, die richtigen Antworten für Bonns Zukunft zu finden, bleibt abzuwarten. Ein erstes Stimmungsbild unter Wählern wird eine repräsentative Umfrage zeigen, die der General-Anzeiger in Auftrag geben hat. "Wen würden Sie wählen, wenn am Sonntag Kommunalwahl wäre?" war eine der Fragen, die den Bonnern gestellt wurden. Die Ergebnisse werden in der Freitags- und Samstagsausgabe des General-Anzeigers veröffentlicht.

Zahlen und Fakten zu den Schwerpunkten der Diskussion

  • Finanzen: Der Schuldenstand der Stadt Bonn liegt bei 1,6 Milliarden Euro; davon allein 704 Millionen Euro Kassenkredite, mit denen laufende Ausgaben gedeckt werden. Damit hat sich die Höhe der Kassenkredite seit 2009 von damals 374 Millionen Euro fast verdoppelt. In diesem Jahr rechnet die Stadtverwaltung mit einem weiteren Defizit von 105 Millionen Euro. Oberbürgermeister und Kämmerer fordern, zur Sanierung des Haushaltes die Grundsteuer befristet zu erhöhen.
  • Kulturkosten: Die Stadt gibt im Kulturbereich jährlich rund 60 Millionen Euro aus. Der Großteil fließt ins Theater Bonn mit Oper und Schauspiel: rund 28 Millionen Euro. Für ein privat finanziertes Beethoven-Festspielhaus müsste die Stadt wohl auf eigene Kosten ein Grundstück neben der Beethovenhalle baureif machen. Geschätzte Kosten laut Verwaltung: rund 4,2 Millionen Euro. Für die spätere Festspielhaus-Betriebsstiftung, in die der Bund 39 Millionen Euro zahlen würde, schlägt die Stadtverwaltung einen gedeckelten kommunalen Anteil von insgesamt zehn Millionen Euro vor.
  • Verkehrsprobleme: Die Bonner Brücken sind marode, ab Sommer werden die Fahrbahnübergänge auf der Nordbrücke saniert. Viele befürchten ein noch schlimmeres Verkehrschaos als während der Sanierung der Südbrücke vor einigen Wochen. Die "Südtangente", die von Befürwortern dieses jahrzehntelang diskutierten Autobahnnetzschlusses zwischen A 565 und A3 als Entlastung des Verkehrs in der Region Bonn und der Region angesehen wird, wurde 2003 aus dem Bundesverkehrswegeplan gekippt. Das Bundesverkehrsministerium will jedoch das Projekt noch einmal auf seine Realisierbarkeit prüfen.
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