Ortsporträt Lengsdorf Es gibt sogar noch eine richtige Kirmes

LENGSDORF · "Ja, darauf wird man im Dorf oft angesprochen." Bei Christoph Schada, seit 15 Jahren Vorsitzender des Ortsfestausschusses Lengsdorf, kommen derzeit viele Fragen an. Denn die Bürger erwarten sich mehr Informationen über die Flüchtlinge, die demnächst in Lengsdorf erwartet werden.

Doch Schada weiß auch nicht viel mehr, als dass an der Provinzialstraße 70 Flüchtlinge einziehen sollen und womöglich in das Gebäude des ehemaligen Landesbetriebs Straßen an der Villemombler Straße mindestens noch einmal so viele. Und viele Bürger bezweifeln, ob es gut ist, so viele Flüchtlinge auf so geringer Distanz unterzubringen, berichtet Schada.

"Ganz im Verborgenen sind die Weichen wohl klar gestellt", schrieb eine Lengsdorferin dem GA und drückte damit ihre Skepsis aus. Im Ort wartet man darauf, dass die Stadt ihrer Berichtspflicht nachkommt. Und auch Schada fordert: "Ich erwarte eine Bürgerinformationsveranstaltung zu diesem Thema."

Ansonsten ist Lengsdorf ein Ort, in dem vieles noch in Ordnung ist und das Brauchtum gepflegt wird. Mit Juliane I. regiert eine charismatische Weinkönigin, der "kleine, aber feine" Karnevalszug lockt Jahr für Jahr die Jecken an. Es gibt Maiansingen, Ostereierschießen, Seniorentag und viele andere Veranstaltungen.

"Gemeinsam leben, gemeinsam feiern", lautet die Devise rund um die Pfarrkirche St. Petri in Ketten. "Außerdem sind wir einer der wenigen Stadtteile in Bonn, wo es noch eine richtige Kirmes gibt." Darauf ist Schada besonders stolz. "Hier funktioniert die Gemeinschaft." Und das, obwohl der Ort durch Autobahn und Provinzialstraße durchtrennt wird. "Die Agentur für Arbeit, das Wirtschaftsministerium, der Telekom Dome, das alles gehört auch noch zur Gemarkung Lengsdorf", erklärt er.

Die Kirmes sei ein Beispiel für die intakte Gemeinschaft. Während die Schausteller mit ihren Fahrgeschäften und Buden andere Regionen gar nicht mehr ansteuern, lebt hier die Tradition der Ortskirmes weiter - und das vier Tage lang. "Das schaffen wir nur Hand in Hand und gemeinsam mit den Schaustellern." Möglich sei das allerdings auch nur, weil "wir hier noch keine Nörgler haben". Bisher seien die Lengsdorfer davon verschont geblieben, dass sich einzelne Anlieger über Lärm beschwert hätten und mit Hilfe von Behörden Feste frühzeitig beenden ließen.

Das liege aber auch daran, dass man die ganze Bürgerschaft einlade und niemanden ausschließe. "Wir haben 24 ganz unterschiedliche Vereine unter dem Dach des Lengsdorfer Ortsfestausschusses. Jeder einzelne davon trägt dazu bei, dass hier das Dorfleben noch funktioniert", weiß er aus Erfahrung.

Während es für ihn als Vorsitzenden des Ortsfestausschusses keinen Grund zur Klage gibt, hat der Lengsdorfer Bürger Schada doch einige Wünsche. "Die Verkehrssituation an der Lingsgasse ist immer noch vollkommen unbefriedigend", meint er.

Denn die Verbindung zwischen der Lengsdorfer Hauptstraße und dem Mühlenbach sei nach wie vor ein Nadelöhr. Nur um Haaresbreite würden Busse und Lastwagen dort aneinander vorbei kommen. "Die Eigentumsverhältnisse an dieser Stelle haben sich geändert. Jetzt wäre es durchaus möglich, die Straße zu verbreitern und dadurch für mehr Sicherheit zu sorgen."

Gerne würde Schada auch wissen, was der Bund mit dem Gebäude der ehemaligen Kleiderkammer der Bundeswehr an der Provinzialstraße langfristig plant. "Das Gelände würde sich hervorragend für eine Wohnbebauung eignen", meint er.

Wie in anderen Orten, so kämpft auch der Lengsdorfer Einzelhandel gegen die Konkurrenz von Supermärkten auf der grünen Wiese und im Internet. "Wir haben noch ein breites Angebot an Gewerbe und Gastronomie. Wir haben es in der Hand, ob es so bleibt. Das entscheidet jeder Einzelne durch sein Kaufverhalten."

Durch das Neubaugebiet "An den Lappenstrünken" werden in Zukunft verstärkt junge Familien mit Kindern nach Lengsdorf ziehen. "Diese", so meint diesmal wieder der Vorsitzende des Ortsfestausschusses, "müssen wir ansprechen und integrieren. Denn nur so bleibt unser Ortsleben jung und lebendig."

Denn schließlich sei Lengsdorf der beste Platz zum Leben. "Wir haben den dörflichen Charakter erhalten, verfügen über eine lebendige Vereinsstruktur, bieten stadtnahes Wohnen und eine schnelle Anbindung an die Autobahn." Dieser Mix mache Lengsdorf zu einem bevorzugten Wohngebiet.

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