Nach Urteil im Fall Baby Paul Wie kann es zu solchen Fällen kommen?

Bonn · Die Mutter von Baby Paul setzte im letzten Sommer ihr neugeborenes Kind in einem Gebüsch aus. Am Montag wurde sie verurteilt. Prof. Dr. Anke Rohde, Leiterin der Gynäkologischen Psychosomatik am Universitätsklinikum Bonn, erklärt, was Frauen zu solchen Taten veranlasst.

Wenn neugeborene Kinder ausgesetzt werden oder gar zu Tode kommen und Frauen ihre Schwangerschaft verheimlichen, tritt häufig die Frage auf, wie so etwas passieren kann. Warum hat die Umbegung nichts gemerkt? Und warum hat die junge Frau keine andere Lösung gefunden?

Für Prof. Dr. Anke Rohde, Leiterin der Gynäkologischen Psychosomatik am Universitätsklinikum Bonn gibt es auf diese Fragen nicht immer die absolute Antwort. Sie agierte im Fall um das Baby Paul als Gerichtsgutachterin und sprach auch mehrfach mit der jungen Frau.

Prof. Rohde hat schon einige solcher Fälle erlebt und erklärt, dass diese Frauen nicht psychisch krank sind: "Zusammenfassend kann man sagen, dass diese Frauen eine Persönlichkeitsproblematik haben. Sie sind nicht psychisch krank; sie haben auch keine Persönlichkeitsstörung mit Krankheitswert. Aber sie haben ein gravierendes Problem, nämlich, ihre eigenen Probleme zu lösen."

Schwierigkeiten im Umgang mit Problemen

Die Betroffenen hätten häufig Probleme, mit Konflikten umzugehen und würden in solchen Fällen wie einer ungewollten Schwangerschaft dann auch nicht nach Alternativen und Problemlösungen suchen. Die Angst vor möglichen negativen Reaktionen der Eltern oder des Partners beschreibt die Fachärztin als häufig "irreal", die in vielen Fällen unbegründet ist und wahrscheinlich mit der Frau selbst zu tun hat.

Da die Frauen die Schwangerschaft häufig gezielt verheimlichen, diese auf Nachfragen abstreiten und sich in einigen seltenen Fällen sogar selbst einreden und davon überzeugen, nicht schwanger zu sein, ist es auch für die Familie, den Vater oder die Freunde schwer, diese zu erkennen.

Gründe liegen in der eigenen Persönlichkeitsentwicklung

Auch sind diese Fälle nicht auf eine bestimmte Gruppe von Frauen zurückzuführen. So kommen sie aus den unterschiedlichsten Verhältnissen, denen man das nach außen oft nicht anmerkt, wie Prof. Rohde erklärt.

Die Gründe für die Schwierigkeit, sich mit Problemen auseinandersetzen, liegen oftmals in der eigenen Persönlichkeitsentwicklung. Diese Defizite in den Problemlösungsstrategien der Frauen können nur in einer langen Psychotherapie wieder ausgeglichen werden, betont die Psychiaterin.

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