Uniklinik Bonn Bis zum Jahr 2020 werden rund 660 Millionen Euro investiert

VENUSBERG · Die Bonner Uniklinik arbeitet an den Herausforderungen der Zukunft. Welche Strategie verfolgt Bonns drittgrößter Arbeitgeber mit rund 5000 Mitarbeitern? Eine Reise ins Morgen.

Der ADAC-Pilot lässt die Beine aus dem gelben Rettungshubschrauber baumeln und nimmt sich in der Nachmittagssonne auf dem Landeplatz des Universitätsklinikums Bonn (UKB) ein paar Minuten Auszeit von der Arbeit. Die Bagger, die auf dem Nachbargrundstück zwischen Kiefern hin und her manövrieren und das Erdreich aufgraben, stören ihn offensichtlich nicht.

Magdalena Nitz, Leiterin der UKB-Unternehmenskommunikation, steht mit ihrem Stellvertreter Jan Sefrin auf der obersten Etage des nagelneuen Parkhauses und erklärt, was auf der Baustelle passiert: Dort wird das DZNE gebaut, das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen.

Ein "Flaggschiff der Gesundheitsforschung", wie Bundesforschungsministerin Johanna Wanka beim Spatenstich vor wenigen Tagen meinte. Nitz drückt es so aus: "Dass Bonn den Zuschlag für den Hauptstandort dieses Zentrums bekommen hat, ist ein Riesenerfolg. Es zeigt, dass wir in der Forschung ganz weit vorne sind."

Forschung, Lehre und Krankenbetreuung sollen in dem neuen Zentrum so eng wie möglich zusammenarbeiten. Deswegen wird direkt daneben die neue Klinik für Neurologie, Psychiatrie und Palliativmedizin gebaut, über einen Zugang sollen die Häuser verbunden werden. Die alte Klinik, 1965 erbaut, wird abgerissen. "Das Parkhaus hat 750 Plätze und ist jetzt noch nicht ganz ausgelastet", sagt Nitz. Das werde sich aber ändern, wenn das DZNE seine Arbeit aufnimmt. Gut 500 Menschen werden dann in dem Forschungsgebäude ein und aus gehen.

Dass die Stadt Bonn Probleme hat, all diesen Neubürgern bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, ist kein Problem, das die Uniklinik lösen muss. Sie arbeitet an den Herausforderungen der Zukunft, daran, dass das Universitätsklinikum auch künftigen Anforderungen gerecht wird. Welche sind das für das Bonner Universitätsklinikum, welche Strategie verfolgt Bonns drittgrößter Arbeitgeber mit rund 5000 Mitarbeitern?

Ganz wichtig sei, dass Lehre, Forschung und die Krankenversorgung zusammengehören und auf gleicher Augenhöhe sind, so die Philosophie. Diese kommt in den Zentren zum Ausdruck, die, ebenso wie das DZNE, überall auf dem Gelände entstehen. Hier soll, zum Wohle des Patienten, fachübergreifend zusammengearbeitet werden. Sefrin nennt ein Beispiel: Ein Mann, der an Prostatakrebs erkrankt ist, kann sich mit der Situation konfrontiert sehen, dass er nach der Operation durch den Urologen dann zum Strahlentherapeuten geht.

Oder zum Onkologen. Damit der Patient keine Odyssee von Arzt zu Arzt antritt, gibt es auf dem Venusberg das Centrum für integrierte Onkologie (CIO). Es ist ein gemeinsames Projekt der Unikliniken Köln und Bonn, das von der Deutschen Krebshilfe als "Onkologisches Spitzenzentrum" gefördert wird und seit 2012 in einem Neubau untergebracht ist. Das Fachwissen aller klinischen Disziplinen, die bei der Behandlung von Tumorpatienten beteiligt sind, wird hier zusammengeführt. "So vermeidet man unter anderem Doppeluntersuchungen", sagt Nitz. In "interdisziplinären Fallkonferenzen" würden die Ärzte das Für und Wider einer Behandlung diskutieren und abwägen. "Der Arzt kommt zum Patienten und nicht der Patient zum Arzt", so die griffige Formulierung der Kommunikationschefin für diese Philosophie.

Nur einen Steinwurf vom künftigen DZNE entfernt wird in naher Zukunft die nächste Großbaustelle liegen: das Eltern-Kind-Zentrum, kurz ELKI genannt. Hier sollen künftig, 2017 soll Fertigstellung sein, Kinder versorgt werden, vom Frühchen bis zum Jugendlichen. Und auch für die Eltern wird es Betten geben. Die Kinderklinik, die bislang an der Adenauerallee liegt, soll dann umziehen, die benachbarte Geburtshilfe wird auch ins ELKI umziehen, außerdem wird es eine direkte Anbindung an das Zentralklinikum geben. Investitionsvolumen: rund 75 Millionen Euro, aber zusätzliches Sponsoring wird gebraucht.

Schon in den vergangenen Jahren hat es große Neubauten gegeben, unter anderem das Biomedizinische Zentrum, das 250 Forscher aus bis dahin verteilten Instituten aufgenommen hat. Ein weiteres Forschungsgebäude ist bereits in Planung. Im Bereich der Krankenversorgung wurden mehrere neue Bettenhäuser für die Chirurgie, HNO- und Augenklinik und Onkologie gebaut. In einem davon ist auch das Notfallzentrum Bonn untergebracht. Hier werden jährlich 28 000 Notfälle behandelt, zu jeder Tages- und Nachtzeit stehen Ärzte aller Fachrichtungen bereit, um Schwerverletzte zu versorgen. "Und es wird hier noch einiges passieren", sagt Sefrin.

Dass auf dem Gelände des Universitätsklinikums in den vergangenen Jahren so viel passiert ist, hat allerdings nicht nur mit dem Anspruch zu tun, sondern auch schlicht mit der Geschichte. Auf dem Gelände lag ehemals eine Flakkaserne, nach dem Krieg bezog das Uniklinikum die Gebäude. Und die waren und sind teilweise immer noch kreuz und quer auf dem Gelände verteilt, schon das widerspricht dem Trend zur fächerübergreifenden Zusammenarbeit, die sich auch räumlich widerspiegeln soll. Außerdem, so Nitz, seien die Ansprüche der Patienten gestiegen. Sie erwarten moderne Zweibettzimmer mit eigenem Bad.

Aber was nützt die beste Krankenhaus-Infrastruktur ohne gutes und qualifiziertes Personal? Das braucht das UKB, um all das leisten zu können. Angesichts des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen gilt es, die besten Köpfe zu gewinnen und zu binden. Dafür bietet die Uniklinik unter anderem flexible Arbeitszeiten und eine eigene Kindertagesstätte an, in der von 6 bis 18 Uhr 140 Kinder im Alter von null bis zehn Jahren betreut werden. Und die nächste Herausforderung ist schon in Sicht: Auch das klinikeigene Ausbildungszentrum für Gesundheitsberufe muss neu gebaut werden.

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