Im Grünen C kann jeder einen Garten mieten Ein Jahr lang frisches Gemüse

BUSCHDORF · Wie kommt ein frisch gepflügter Acker mitten ins Grüne C von Buschdorf? Nebenan steht der viel diskutierte Hochstand. Ein paar Meter weiter befinden sich ein Erlebnisspielplatz, ein Sportfeld und Streuobstwiesen. Es wird nicht mehr lange dauern, dann sät der Herseler Biobauer Leonhard Palm auf dem Feld ein. Alles wird Grün.

 Stehen am Buschdorfer Feld in den Startlöchern: (von links) Leonhard Palm, Wanda Ganders, Natalie Kirchbaumer und Andrea Palm.

Stehen am Buschdorfer Feld in den Startlöchern: (von links) Leonhard Palm, Wanda Ganders, Natalie Kirchbaumer und Andrea Palm.

Foto: Horst Müller

Ein Paradies für Städter, die bis in den Herbst hinein dem Alltag entfliehen, Natur erleben und als Lohn den Kühlschrank mit selbst geerntetem Gemüse füllen wollen.

Die Idee, Bürgergärten beziehungsweise Selbsterntefelder einzurichten, hatte die Stadt 2008. "Es sollte anders sein als Kleingärten und in die Parklandschaft des Grünen C passen", sagt David Baier vom Amt für Stadtgrün, der zudem ein flexibles System wollte, das sich in seiner Größe der Nachfrage anpasst. Als er damals Wanda Ganders und Natalie Kirchbaumer begegnete, war schnell klar, dass sie mit ihrer Idee ganz ins Konzept passten. Die beiden vermieten nun mit ihrer Firma "meine ernte" ab April Abschnitte des Buschdorfer Gemüsefelds. Die Kunden pflegen, jäten, gießen - ernten den Lohn der Arbeit.

Ganders und Kirchbaumer hatten von 2001 bis 2004 gemeinsam Betriebswirtschaft in Mannheim studiert und in einer WG gewohnt. 2009 trafen sie sich im Rheinland wieder. "Wir haben uns auf dem Balkon in der Südstadt an alte Zeiten erinnert", sagt Ganders. Die waren geprägt von Fast Food und Fertiggerichten. So entstand der Wunsch, selbst anbauen. Die beiden wollten wissen, woher ihr Gemüse kommt. Das einzige Problem: Es fehlte der Garten.

So entstand bald ihr Geschäftsmodell, mit Landwirten zusammenzuarbeiten und Gemüsegärten samt Know-how zu vermieten. "Denn viele wissen heute nicht mehr, wie man Gemüse anbaut", sagt Ganders. Die Leute sollen die Natur entdecken und von ihr lernen. "So können die Menschen auch gut entschleunigen und etwas Bodenständiges machen." Das Geschäft begann 2010 in Bonn, Frankfurt, Wiesbaden, Düsseldorf und Aachen. "Wir haben größere Städte gesucht", so Kirchbaumer. Mittlerweile ist das Unternehmen auf bundesweit 28 Standorte mit 2500 vermieteten Gärten gewachsen. Zur Firma mit Sitz in Bad Godesberg gehören noch drei feste Mitarbeiter und Aushilfen.

Das macht der Landwirt

Palm und seine Kollegen kümmern sich in den Städten um die Vorbereitung der Flächen, sie pflügen, düngen und säen aus. Einmal in der Woche bietet der Herseler Biobauer eine Gärtnersprechstunde an. "Ich stelle eine Hütte mit Gartengeräten zur Verfügung." Auf den Mietfeldern neben seinem Betrieb stehen zum Gießen Wasserfässer. In Buschdorf gibt es eine Handpumpe für Grundwasser.

Das macht die Firma

Wanda Ganders (34), Natalie Kirchbaumer (33) und ihr Team verwalten die Äcker. Sie kümmern sich um die Vermarktung, Werbung und Kundenbetreuung.

Das macht der Kunde

Ende April wird ein rotes Band durchschnitten, ab dann können sich die Hobbygärtner um ihre Parzellen kümmern. Schon Ende Mai werden sie die ersten Radieschen und Salate mit nach Hause nehmen.

Leonhard Palm hat die Erfahrung gemacht, dass die meisten Hobbygärtner von Freitagnachmittag bis Sonntag in den Beeten sind. Dann sitzen sie in den Verschnaufpausen auch mal an der Biertischgarnitur. Die Attraktion für die Kinder das Matschen mit Wasser. Denn natürlich gehört auch das Gießen zu den Aufgaben. Dabei muss man gar nicht so oft mit der Kanne übers Feld, "alle zwei bis drei Wochen reichen", sagt Ganders. Dahin könne man die Pflanzen regelrecht erziehen. "Ein Salat wurzelt 60 Zentimeter tief, ein Kohl sogar 90", sagt sie. Die verschiedenen Gemüsesorten stehen in einer Reihe längs im Feld. Die Mietparzellen sind dann quer abgesteckt, sodass jeder Gärtner alle Sorten ernten kann. Die Mieter kommen aus allen Bevölkerungsschichten: Da erntet ein Bäcker neben einem Arzt, Studenten sind dabei, Köche oder Controller. Mancher über 50 suche sich eine solche Beschäftigung, wenn die Kinder aus dem Haus sind, so die Erfahrung.

Die Anlage in Buschdorf ist David Baiers Lieblingsprojekt. "Der Bürger kann schnell raus an die frische Luft", nennt er einen Vorzug. Außerdem sei diese Landschaft "nicht so künstlich, eher ehrlich". Ihn freut es, dass sich mit "meine ernte" jemand um die Fläche kümmert, da ansonsten städtische Mitarbeiter dort Rasen mähen müssten. Das Grüne C an der Verlängerung der Buschdorfer Straße hat 1,26 Millionen Euro gekostet, stadtweit kommt das Projekt auf 3,94 Millionen Euro. 80 Prozent davon waren Zuschüsse von Bund, Land und der EU.

"In diesem Jahr wird es erstmals Wassermelonen geben", sagt Palm. Ansonsten stehen Mangold, Spinat, Kartoffeln, Paprika, Gurke, Tomate und vieles mehr im Feld. Mancher Gärtner stellt zum Schutz vor Kraut- und Braunfäule ein Minizelt auf. So geht es durch den Jahreslauf, am Schluss werden Feldsalat, Rosenkohl, Porree und die letzten Möhren geerntet. Ganders verspricht eine große Ausbeute: "Man braucht eine Gefriertruhe."

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