Moscheen in Bonn Politik will Sprachkurse für Imame

BONN · Wenn Imam Zebur Yilmaz freitags auf der Minbar, der Moscheekanzel, zu den Gläubigen spricht, tut er dies auf Türkisch. Seine Freitagspredigt in der Milli-Görüs-Moschee wird anschließend übersetzt - zumindest sinngemäß. Schließlich sollen auch die jungen Leute, die nicht so gut Türkisch können, verstehen, was der Geistliche predigt.

 In der Moschee von Milli Görüs in der Maxstraße predigt Imam Zebur Yilmaz auf Türkisch. Anschließend übersetzt jemand seine Ansprache sinngemäß.

In der Moschee von Milli Görüs in der Maxstraße predigt Imam Zebur Yilmaz auf Türkisch. Anschließend übersetzt jemand seine Ansprache sinngemäß.

Foto: Horst Müller

Die Freitagspredigt mag noch in einigen anderen Bonner Moscheen zumindest gelegentlich übersetzt werden - wie der GA auf Anfrage in der Godesberger Al-Ansar-Moschee oder der Ditib-Moschee an der Viktoriabrücke erfuhr. Doch regelmäßig wird sie nur in zwei Moscheen ins Deutsche übertragen, weiß die Integrationsbeauftragte der Stadt, Coletta Manemann: "In der Al-Muhajirin-Moschee an der Brühler Straße und eben bei Milli Görüs."

Um die Deutschkenntnisse der religiösen Lehrer zu verbessern, habe man 2011, 2012 und 2013 Deutschkurse für Imame angeboten, so Manemann. "Doch trotz vielfältiger Informationen und Gespräche haben nur wenige Imame teilgenommen", bedauert die Integrationsbeauftragte. Termine seien nicht zustande gekommen, weil die Geistlichen andere Verpflichtungen gehabt hätten.

Unterschiedliche sprachliche Voraussetzungen

"Außerdem hatten die einzelnen Imame sehr unterschiedliche sprachliche Voraussetzungen." Nicht zuletzt sei es schwierig gewesen, türkisch- und arabischsprachige Imame gleichzeitig zu unterrichten.

Die Hodschas - wie die Türken sagen - der von der Türkei aus gesteuerten Ditib-Moscheen hätten wegen eigener Angebote ihres Dachverbandes ohnehin nicht teilgenommen, heißt es in einer Antwort der Integrationsbeauftragten auf eine Große Anfrage von CDU, SPD, Grünen und SPD-Liste im Integrationsrat.

Hintergrund der Anfrage "Integrationskurse für Imame" ist die Sorge, dass "viele Imame der deutschen Sprache nicht mächtig sind". Es könne aber zu Missverständnissen kommen, wenn ihre Ansprachen von jemandem übersetzt würden, "der keine religiösen Kenntnisse hat", glauben die Politiker.

Deshalb sollen Imame Deutsch lernen, so der Wunsch der Fraktionen. Ansonsten sei zu befürchten, dass sich Jugendliche ihre Informationen "woanders" herholen. Sie spielen damit auf radikale Seiten im Internet und Veranstaltungen freier Prediger außerhalb von Moscheen an. Im schlimmsten Fall sind dies politisch motivierte Salafisten, die einen sehr rigiden, demokratiefeindlichen Islam predigen.

Georg Goetz, der für die CDU im Integrationsrat sitzt, findet die Antwort der Integrationsbeauftragten "nicht befriedigend". Deshalb wollen seine und die anderen Fraktionen sowie die SPD-Liste im Integrationsrat jetzt, nachdem die Sommerpause vorbei ist, das Thema wieder auf die Tagesordnung bringen, "um ihm Nachdruck zu verleihen. Eigentlich müssten ja auch die Moscheen das Bedürfnis haben, dass die Imame auf Deutsch predigen", findet Goetz.

"Kurse lohnen sich nur, wenn sie länger in Deutschland bleiben"

Doch neben den Schwierigkeiten, Teilnehmer für Deutschkurse zu gewinnen, tun sich weitere, generelle Probleme auf: Die Bereitschaft zur Teilnahme an Sprachkursen habe ganz entscheidend mit der Aufenthaltsdauer der Imame zu tun, so Manemann. "Kurse lohnen sich nur, wenn sie länger in Deutschland bleiben." Das sei aber nicht immer der Fall. In die türkischen Ditib-Moscheen werden Imame nur für vier Jahre aus der Türkei entsandt.

Die offiziellen Integrationskurse des Bundes könne ohnehin nur belegen, wer einen Daueraufenthalt in Deutschland beabsichtigt. Ungeachtet dessen ist Manemann mittlerweile der Meinung, dass man bei Deutschkursen differenzieren müsse - "je nachdem, ob es um die Vermittlung theologischer Inhalte geht oder darum, ob jemand in der Moschee eher allgemein als Ansprechpartner zur Verfügung steht". Deutsch für die Vermittlung theologischer Inhalte zu lernen - wie es ein Imam bei einer Predigt tue -, sei deutlich schwieriger.

"Simultanübersetzung, um Zeit zu sparen"

Und die Moscheen stehen noch vor einer anderen, recht banalen Schwierigkeit: Eine Predigt mit Übersetzung stellt viele Gläubige freitags vor ein Zeitproblem, weiß Mahmoud Kharrat, Vorsitzender der Al-Muhajirin-Moschee an der Brühler Straße. "Deshalb planen wir eine Simultanübersetzung, um Zeit zu sparen. Doch für eine gleichzeitige Übersetzung brauchen wir viele Kopfhörer", was nicht zuletzt eine Kostenfrage sei.

Auch habe man technische Probleme bei der Übertragung noch nicht in den Griff bekommen, so Kharrat, der zurzeit einen Simultandolmetscher auf Honorarbasis sucht. Immerhin kann sich die größte Moschee Bonns, die freitags mit Hunderten Besuchern aus allen Nähten platzt, glücklich schätzen, dass zwei von drei Imamen ihre Ansprache selbst übersetzen können.

Somit entfällt ein Treffen vorab, wie es in der Milli-Görüs-Moschee stattfindet: "Unser Hodscha informiert vorher den Übersetzer über den Inhalt seiner Predigt, der sie dann grob zusammenfasst und sinngemäß übersetzt." Es gebe aber auch im Nachhinein die Möglichkeit, den Imam bei theologischen Fragen anzusprechen - bei Bedarf mit Übersetzer.

Deutsche Imamausbildung steckt noch in den Kinderschuhen

Noch sind viele der rund 2000 muslimischen Gemeinden in Deutschland nicht soweit, dass sie die Freitagsansprache grundsätzlich auf Deutsch anbieten können. Denn viele ältere Muslime, die als "Gastarbeiter" oder Flüchtlinge eingewandert sind, sind genauso wie die Imame des Deutschen nur eingeschränkt mächtig.

Dass die Imame oft nur rudimentär Deutsch sprechen, liegt unter anderem daran, dass viele nur für eine begrenzte Zeit in Deutschland leben. "Auch unser Imam ist nur für einige Monate hier", sagt Mesud Gülbahar von der Milli-Görüs-Moschee in der Bonner Altstadt.

Vor allem Gemeinden, die keinem Dachverband angehören, können sich teure, fest angestellte Geistliche nur schwer leisten. Deswegen predigen dort häufig Geistliche ehrenamtlich. Andere Moscheen zahlen ein Gehalt durch Spenden und Mitgliedsbeiträge.

Selbst wenn die Moscheen genügend Geld hätten, Imamen ein lukratives Gehalt zu bieten, steckt die Imamausbildung in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Erst seit einigen Jahren werden Akademiker an Universitäten wie Münster und Osnabrück zu Imamen ausgebildet. Doch es gibt gerade in den sehr konservativen Gemeinden ihnen gegenüber Vorbehalte.

Die türkischen Ditib-Gemeinden spielen ohnehin eine Sonderrolle. Ihre Imame werden vom türkischen Staat bezahlt und nur für vier Jahre nach Deutschland entsandt.

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