Nachtwächter-Wanderung Anekdoten und Aberglaube zu Ostern

BONN · Bei ihrer Nachtwächter-Wanderung durch Bonn bringen Karl Friedrich und Elisabeth Schleier Osterbräuche ins Spiel. Spetz op Spetz? Oder doch besser Boddem jäjen Boddem? Beim Eiertitschen zu Ostern hat jeder Rheinländer seine ganz eigene Strategie.

 Im Mittelpunkt der Tour mit dem Nachtwächter stehen Anekdoten zu Ostern.

Im Mittelpunkt der Tour mit dem Nachtwächter stehen Anekdoten zu Ostern.

Foto: Privat

Der eine schwört auf die Drei-Finger-Technik, der andere umschließt das Ei mit der ganzen Hand. "Erst Spetz op Spetz un dann erömm met de Hömm", verrät Elisabeth Schleier ihr Erfolgsrezept für dieses Ostervergnügen.

Sie muss es wissen. Schließlich lüftet sie und ihr Mann Karl Friedrich Schleier bei ihren Nachtwächterwanderungen so einige Geheimnisse aus Bonn und dem Rheinland. Für den Nicht-Rheinländer liefert sie gleich noch die passende Übersetzung fürs Titschen: Erst wird mit dem spitzen Ende des Eies geschlagen, dann mit der flachen Seite. Verloren hat derjenige, dessen Ei zerbricht.

Das Eiertitschen war traditionell der Abschluss der großen Familienwanderungen am Ostermontag. "Aus allen Stadtteilen pilgerten die Bonner an diesem Tag zur Josefshöhe", erzählt sie. Ihr Ziel war die Lazaruskapelle an der Kölnstraße. Während die Erwachsenen sich dort zur Osterandacht versammelten, vergnügten sich die Jugendlichen draußen beim Eiertitschen.

Allerlei Aberglaube rankt sich auch heute noch um die bunt gefärbten Eier. So wurden Pfarrer und Küster der Gemeinden an diesem hohen christlichen Feiertag mit Naturalien bezahlt. "Daher stammt auch der Name Beichteier, den man heutzutage hin und wieder hört", weiß Elisabeth Schleier. "Pro Familienmitglied war ein Ei fällig."

Nicht einfach auf den Kompost geworfen wurden die Schalen. Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein verstreute man sie auf den Türschwellen, damit Haus und Hof im Sommer von Ungeziefer verschont blieben. Schleier kennt noch mehr Anekdoten. Ein paar Schalenreste schützten das Federvieh vor nächtlichen Fuchsbesuchen.

"Allerdings mussten die Eierschalen rückwärts über die Schulter in den Hühnerstall geworden werden." Sicher ist sicher, deshalb wurde zusätzlich an Karfreitag eine Rute aus neun verschiedenen Hölzern gebunden und in den Stall gelegt. "Auch damit sollte der Hühnerdieb auf Abstand gehalten werden", erfahren die Teilnehmer der Nachtwächtertour an Ostersamstag am Bonner Marktplatz.

Mit ein wenig Glück fanden die ehrbaren Jungfrauen aus der Region in der Osternacht auch ihren Zukünftigen. Denn während in den Kirchen nachts das Taufwasser geweiht wurde, gingen die Mädchen zum Brunnen oder einem nahe gelegenen Bach, um das Osterwasser für die Familie zu schöpfen. Das musste allerdings noch vor Mitternacht geschehen. "In Wachtberg-Villip war diese Tradition sehr verbreitet", weiß Elisabeth Schleier.

Das Osterwasser hatte besondere Kräfte und half das ganze Jahr über bei allerlei Wehwehchen und so manchem Zipperlein. Damit die Energie erhalten blieb, mussten die Mädchen den Krug schweigend nach Hause bringen. "Wurde unterwegs geplappert, war die Wirkung weg." Wenn einer Maid bei diesem nächtlichen Gang nach Hause ein Jüngling begegnete, dann sollte das ihr Bräutigam sein.

Bei ihrer Nachtwächterwanderung in der Osternacht stellen die beiden Stadtführer allerdings noch viele andere Bräuche rund um das Fest vor und geben so manchen Aberglauben aus dem 17. und 18. Jahrhundert preis. Höhepunkt diese Tour wird der Stopp am Rundturm des Sterntors sein. "Wir werden den Turm öffnen und hineingehen. Dort erwartet die Teilnehmer eine besondere Überraschung", verspricht Elisabeth Schleier und verrät nicht mehr. Am Pranger vor dem Münster, der Endstation, haben die beiden dann noch so manch gruselige Geschichte zur nächtlichen Stunde zu erzählen.

Die Nachtwächterwanderung beginnt am Samstag, 19. April, um 20 Uhr. Treffpunkt ist Ecke Rhein-gasse/ und Brassertufer. Karten für zehn/ acht Euro gibt es in den Bonnticketshops der GA-Zweigstellen.

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