Postenabzug aus Bonn Kritik an de Maizières Alleingang

BONN · Thomas de Maizière bekommt Gegenwind für seinen Plan, 90 Dienstposten in Richtung Hauptstadt abzuziehen.

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere berät mit den SPD-Innenministern. Die Themen u.a.: die Vorratsdatenspeicherung und die Gewalt von Fußballfans. Foto: Tim Brakemeier

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere berät mit den SPD-Innenministern. Die Themen u.a.: die Vorratsdatenspeicherung und die Gewalt von Fußballfans. Foto: Tim Brakemeier

Foto: DPA

"Wir kritisieren die Entscheidung, dass jetzt fast alle Fachaufgaben von Bonn nach Berlin verlagert werden sollen", betont der Personalrat des Bundesinnenministeriums (BMI) in einem internen Rundschreiben, das dem GA vorliegt.

Darin werfen die Personalvertreter dem Minister Wortbruch vor. Der Personalrat sei nicht eingebunden worden, obwohl de Maizière auf einer Personalversammlung im März zugesagt habe, "Eckpunkte zur gemeinsamen Diskussion" vorzulegen. Stattdessen hat der CDU-Mann die Personalräte auf einer Klausurtagung offenbar vor vollendete Tatsachen gestellt.

Im April 2015 will er die 90 Posten aus der Graurheindorfer Straße in Bonn in einen Ministeriumsneubau nach Berlin verlagern: die Abteilung Sport, Referate der Abteilung Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz sowie einer Unterabteilung aus dem Bereich Migration, Integration und europäische Harmonisierung.

Im Gegenzug werden "im personalwirtschaftlich erforderlichen Umfang bis zu 20 Funktionen nach Bonn verlagert", wie der Minister seine Mitarbeiter schriftlich wissen ließ. Unterm Strich sinkt die Zahl der Posten in Bonn von rund 230 auf etwa 160.

Konkrete Maßnahmen würden jetzt mit dem Personalrat abgestimmt, erklärte ein Ministeriumssprecher. Man sei sich bewusst, dass der Umzug für viele Beschäftigte "mit erheblichen Auswirkungen auf ihr Privatleben" verbunden sei. Andererseits müssten die Organisationseinheiten funktionsfähig bleiben. Deshalb gelte für Mitarbeiter des gehobenen und höheren Dienstes die Folgepflicht. "Besonders gelagerte Einzelfälle" werde das Ministerium mit den Interessenvertretern ausloten.

Die machen allerdings Front gegen de Maizière. Der Umzug betreffe Abteilungen, die Kernbestandteil des Berlin/Bonn-Gesetzes bilden, kritisiert Hartwig Schmitt-Königsberg, Vorsitzender des Verbandes der obersten und oberen Bundesbehörden (VBOB). Die Verbandsspitze hat die Pläne bei einem Treffen in Potsdam am Mittwoch rundweg abgelehnt und den aufgebauten Zeitdruck gerügt.

Nach VBOB-Informationen soll de Maizière schon die Präsidenten der Bundesoberbehörden im Rheinland beauftragt haben, freie Stellen zu melden, um Ministeriumspersonal unterbringen zu können, das nicht umziehen will.

Kritik kommt auch von Hans-Ulrich Benra, dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden im Beamtenbund/Tarifunion: "Es ist befremdlich, dass der Innenminister nach seinen umstrittenen Entscheidungen im Verteidigungsressort erneut Umzugspläne ohne angemessene Beteiligung der Betroffenen umsetzt."

De Maizières Vorgehen sei für die Beschäftigten wie ein "Schlag ins Gesicht", erklärt Jochen Nagel, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Personalräte der obersten Bundesbehörden. Zwar müsse ein Minister Entscheidungen treffen. "Aber er sollte die Mitarbeiter und die Personalräte in personalwirtschaftliche und organisatorische Prozesse einbeziehen und ihnen damit seine Wertschätzung zeigen."

Nagel fragt sich, ob der Innenminister für seine Verlagerungspläne die Rückendeckung der Kanzlerin hat. "Das muss man wohl annehmen", meint der Bonner Beamte aus dem Bundesrechnungshof. Seine Forderung: eine personalwirtschaftliche Gesamtkonzeption der Bundesregierung.

"Dieses Konzept muss beiden Standorten in fairer Weise langfristig gerecht werden. Hier kommen oberste Bundesbehörden in Betracht. Die Kollegen brauchen Verlässlichkeit." Eine solche oberste Bundesbehörde ist für den Bundesdatenschutzbeauftragten in Bonn geplant. Er sitzt auch heute schon hier, ist aber dem Innenministerium zugeordnet.

Die erste Welle##ULIST##

Thomas de Maizière (CDU) hat bereits als Verteidigungsminister Posten nach Berlin abgezogen, um die Effizienz seines Ressorts zu erhöhen.

  • Einer ersten Welle im Jahr 2012 mit 360 Stellen sollte nach der letzten Bundestagswahl eine weitere mit 350 Posten folgen.
  • Amtsnachfolgerin Ursula von der Leyen (CDU) legte die Pläne jedoch vorerst auf Eis.
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