Stimmungsbild "Wenn man älter wird, ist alles schwieriger"

BONN/BEUEL · Patienten in der Beueler Notdienstpraxis sprechen sich gegen Zentralisierung aus.

Die hausärztliche Notfallpraxis im Beueler St. Josef-Hospital war am Samstagvormittag erst ein paar Stunden geöffnet, da waren schon 20 Patienten dort. "Die Wartezeit beträgt jetzt etwa eine Stunde", sagte Franziska Lackmann. Die medizinische Fachangestellte nahm sich für jeden Kranken Zeit und fand bei der Anmeldung immer ein freundliches und aufmunterndes Wort. Der GA hörte sich unter den Patienten um, was sie von der geplanten Zentralisierung der drei Bonner Notdienstpraxen halten - und stieß auf wenig Begeisterung.

"Keiner will lange warten, keiner lange fahren", sagte eine 50-jährige Königswintererin. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) habe ihre Gründe, warum sie an Wochenenden, Feiertagen und abends nur noch eine Notfallpraxis bereithalten will: "Die wollen sparen. Aber das haben die nicht nötig. Das ist ein großer, aufgeblähter Apparat", so die Patientin - als Psychotherapeutin kenne sie sich aus. Sie musste mit einer fiebrigen Erkältung zu Dr. Husein Ansari, dessen Schicht von 8 bis 22 Uhr dauerte. Franziska Lackmann war sogar schon seit 7 Uhr im Dienst.

Mit einer Bronchitis kämpfte ein 57-jähriger Beueler. "Woanders hinfahren zu müssen, wäre nicht so günstig", sagte er zu den Plänen der KVNO. Zum ersten Mal war eine 61-jährige Beuelerin in der Notdienstpraxis. "Weitere Wege auf sich zu nehmen, wäre schlecht", sagte sie. "Wenn man älter wird, ist sowieso alles schwieriger." Sie war mit dem Taxi gekommen, weil sie mit ihrer Grippe keine Kraft hatte, zu Fuß zur Praxis zu gehen. Sie hatte zudem Schmerzen im Darm und machte sich Sorgen, schwer krank zu sein. "Mein Vater hatte Darmkrebs", sagte sie. Eine ältere Frau hatte sich im Wartebereich auf den Stühlen hingelegt. "Meiner Mutter geht es nicht gut", erklärte ihre 23-jährige Tochter. Es sei praktisch, dass die Praxis um die Ecke liege.

"Ich habe Schmerzen im Bein und kann deshalb nicht laufen", meinte eine 85-jährige Beuelerin. Die Tochter aus Kessenich wohnt seit ein paar Tagen bei ihr, da die Senioren nicht mehr viel selbst erledigen kann. Sie war schon beim Hausarzt und einem Orthopäden. "Die Schmerzen sind immer noch da. Deshalb bin ich jetzt da", sagte die Frau. "Ich finde es unbegreiflich, dass es die Notfallpraxis hier nicht mehr geben soll." Man müsse bei den Entfernungen auch daran denken, dass viele ältere Leute zum Notdienst müssten. Und die Tochter (65) ergänzte: "So klein ist doch unsere Stadt nicht."

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