Interview mit Altenpflege-Auszubildendem Janko Bodnar: "Mein Umfeld war entsetzt"

BONN · Mit Menschen zu arbeiten, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen, ihnen den Tag soweit es möglich ist, schön zu gestalten: Das seien die Gründe, warum er Altenpfleger werden will, sagt Janko Bodnar. Seiner Meinung nach hat der Beruf ein Imageproblem. Mit dem 30-Jährigen sprach Johanna Heinz.

Wie ein alter Mensch fachgerecht umgezogen wird, das lernen Auszubildende wie Janko Bodnar in der Altenpflegeschule.

Wie ein alter Mensch fachgerecht umgezogen wird, das lernen Auszubildende wie Janko Bodnar in der Altenpflegeschule.

Foto: Barbara Frommann

Was denken Sie, wenn von Zuständen wie jüngst im Haus Dottendorf hören?
Janko Bodnar: Ich finde, es macht den Beruf nicht gerade sympathisch. Außenstehende beschäftigen sich ja nicht mit den Hintergründen, die schlagen ihre Zeitung auf und denken, so läuft es in dem Beruf ab. Das bleibt hängen. Aber warum, wieso, weshalb in einem speziellen Fall etwas schiefläuft, das erforschen die meisten gar nicht. Das finde ich sehr schade, weil die Zustände natürlich nicht überall und immer so sind. Im Speziellen kann und möchte ich zum Fall gar nichts sagen und die Ereignisse nicht kommentieren, weil jede Situation einzeln aus der Nähe betrachtet werden muss. Und diesen Einblick habe ich ja überhaupt nicht.

Warum wollen Sie Altenpfleger werden?
Bodnar: Wer sich die Zeit nimmt und sich damit beschäftig, erkennt sehr schnell die schönen Seiten dieses Berufs. Ich habe erst in der Krankenpflege gearbeitet, aber das war mir zu schnelllebig. Ich konnte keine Beziehung zu den Patienten aufbauen. Das war der Hauptgrund, warum ich mich für die Ausbildung in der Altenpflege entschieden habe. Ich möchte mit Menschen arbeiten, nach dem Dienst nach Hause gehen und sagen: Ich habe etwas erreicht, es war ein schöner Tag - oder ich habe zumindest versucht, den Menschen den Tag schöner zu machen. Das gelingt natürlich nicht immer. Man lernt im Laufe der Zeit zu akzeptieren, dass man nicht alles ändern kann, aber ein Stück weit kann man den Tag der alten Menschen schöner gestalten.

Es gibt aber viele sorgenvolle Stimmen, die sagen, aufgrund der äußeren Umstände bleibt gar nicht genug Zeit, um sich angemessen zu kümmern...
Bodnar: In meinem Ausbildungsbetrieb ist der Stellenschlüssel gut. Da ist es meiner Erfahrung nach auch eine Frage der Organisation, seinen Arbeitsalltag zu gestalten. Das zu lernen, ist ein großer Bestandteil der Ausbildung. Ich bekomme aber natürlich mit, dass es woanders eben nicht so ist und chronischer Personalmangel besteht, vor allem von Fachkräften.

Verbände, auch viele Pflegekräfte selbst beklagen, dass es gravierende Probleme im System gibt...
Bodnar: Ich kann nur von meinen Erfahrungen in meinem Ausbildungsbetrieb sprechen. Natürlich ist es keine Frage der Organisation, wenn zwei Pfleger 40 Bewohner versorgen sollen. Das ist einfach nicht zu schaffen. Aber so erlebe ich das in meinem Alltag nicht. Ich habe wahrscheinlich auch großes Glück mit meinem Haus. Was mir aber auch in unserem Betrieb auffällt ist, dass Fachkräfte viel dokumentieren müssen und dadurch viel Zeit verloren geht.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Bezahlung. Da heißt es dann oft, ein Altenpfleger verdient weniger als ein Kfz-Mechaniker. Sie werden sich ja sicherlich auch Gedanken über die Verdienstmöglichkeiten gemacht haben, oder nicht?
Bodnar: Natürlich habe ich mir vor Beginn der Ausbildung Gedanken über Sinn und Nutzen gemacht. Ich denke, der Verdienst könnte durchaus höher sein. Ich will das jetzt gar nicht mit anderen Berufen vergleichen, aber man möchte ja genug Geld zum Leben haben. Wir tragen in unserer Tätigkeit sehr viel Verantwortung, es ist zum Teil nicht gerade einfach. Wenn ich Vergleichstabellen anschaue, rechne ich damit, nach der Ausbildung rund 1600 Euro netto zu verdienen. Da könnte durchaus aufgestockt werden.

Wie hat Ihr soziales Umfeld auf Ihren Berufswunsch reagiert?
Bodnar: Als ich mit 15, 16 das erste Praktikum in der Pflege gemacht habe, waren alle mehr oder minder entsetzt. Aber viele haben auch ein vollkommen verdrehtes Bild davon, was diesen Beruf ausmacht. Ich stand auf weiter Flur alleine mit meiner Meinung, vielleicht auch, weil ich im Gegensatz zu den anderen praktische Erfahrungen gemacht und mir dadurch selbst einen Einblick verschafft habe.

Rücken Sie das Bild gerade!
Bodnar: Oft werden die vielen schönen Seiten nicht gesehen, die dieser Beruf mit sich bringt. Wer Altenpfleger werden will, muss eine Menge soziale Kompetenzen mitbringen, muss mit Menschen umgehen können, es lieben, mit ihnen zu arbeiten. Der ganze Beruf ist eine Herausforderung. Wenn man morgens zur Arbeit kommt, weiß man nicht, wie der Tag endet und was alles auf einen zukommt.

85 Prozent der Pflegekräfte in Deutschland sind Frauen. Was glauben Sie, was hält die Männer ab?
Bodnar: Wenn man zurückschaut in der Geschichte, ist es eben ein Frauenberuf. Ich denke, das ist der Hauptgrund. So langsam kommen wir aber an den Punkt, wo auch die körperlichen Anforderungen wachsen. Ich denke, das Bild wandelt sich dadurch langsam. Es ist fast schon notwendig, dass auch Männer in diesen Beruf hineinkommen.

Was ist das Wichtigste, das sie bislang in der Ausbildung gelernt haben?
Bodnar: Das Wichtigste ist, die Menschen so zu nehmen, wie sie sind und sie dementsprechend zu begleiten. Man darf die Bewohner nicht als Gruppe sehen nach dem Motto: Ich habe jetzt sieben Leute zu versorgen und die Aufgabe ist, dass alle gewaschen werden müssen. Vielleicht will einer gar nicht gewaschen werden oder hat ganz andere Bedürfnisse. Man muss eben den einzelnen Menschen betrachten. Das ist das Wichtigste, was ich aus dem ersten Jahr meiner Ausbildung mitnehme.

Zur Person

Janko Bodnar (30) hat, seit er 16 Jahre alt ist, als Praktikant Erfahrungen im Bereich der Pflege gesammelt. Er hat zunächst eine Ausbildung zur Krankenpflegehilfe gemacht. Seit Dezember 2013 macht er die Ausbildung zum Altenpfleger in der privaten Kursana Villa Bonn - Villa Camphausen in Mehlem. Theoretisch wird Bodnar am Fachseminar Altenpflege des Bonner Vereins in Dransdorf ausgebildet. Unterstützt wird er dabei durch das Programm "WeGebAU" der Arbeitsagentur, das es geringqualifizierten Hilfskräften ermöglicht, eine Ausbildung zu machen und dabei trotzdem nicht auf das bisherige Gehalt zu verzichten.

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