Bonner Zentrum für Ambulante Rehabilitation Patientin wirft Reha-Zentrum Diskriminierung vor

PÜTZCHEN · Seit fünf Jahren ist Ruth Moenikes-Peis beim Bonner Zentrum für Ambulante Rehabilitation (BZfAR) in Pützchen in Behandlung. Bislang erhielt sie dort eine wöchentliche Einzeltherapie im Bewegungsbad.

Die 53 Jahre alte Frau aus Unkel ist gehbehindert und auf den Rollstuhl angewiesen. Nun hat sie Ende Mai ein Schreiben des Reha-Zentrums bekommen: Der Hublifter, also die Hebehilfe, mit der Patienten wie sie bislang ins Bad gelangten, wurde abgebaut. Für Ruth Moenikes-Peis ist das Diskriminierung. Das Reha-Zentrum verweist darauf, dass es als Privatunternehmen auch die Zahlen im Blick haben muss. Der Hublifter rechne sich betriebswirtschaftlich nicht.

"Die betroffenen Patienten sind von heute auf morgen von der Nutzung des Bewegungsbades und damit von der für sie gesundheitlich wichtigen Therapie ausgeschlossen", sagt Moenikes-Peis.

"Ich fühle mich als Behinderte diskriminiert, und ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet ein Reha-Zentrum, das sich die Gesundheit seiner Kunden als höchstes Ziel auf die Fahnen schreibt, ein derart rücksichtsloses und menschenverachtendes Verhalten zeigen würde."

Ihre Vermutung: Es sollen Menschen mit chronischen Erkrankungen und sichtbaren Behinderungen von der Einrichtung ferngehalten werden, genauso wie der nicht besonders hübsche Anblick der Hebehilfe, um die Einrichtung für andere Patienten attraktiver zu machen.

Andreas Stommel, Geschäftsführer und leitender Physiotherapeut des Reha-Zentrums widerspricht dieser Vermutung vehement. "Wir haben es uns mit dieser Entscheidung nicht leicht gemacht und kämpfen seit mehreren Jahren innerlich mit der Überlegung", sagte er im GA-Gespräch.

"Ich fühle mich selbst betroffen"

"Der Lifter ist in die Jahre gekommen, die Wartungskosten steigen stetig, hinzu kommen Kosten für den Tüv, der regelmäßig erneuert werden muss. Als privatwirtschaftliches Unternehmen müssen wir scharf kalkulieren, sonst gehen wir ganz einfach pleite." Fünf bis sechs der Patienten, die derzeit das Bewegungsbad nutzten, seien auf die Hebehilfe angewiesen, so Stommel. "Ich fühle mich selbst betroffen, dass wir diesen Menschen jetzt nicht mehr helfen können."

Das Reha-Zentrum gibt es seit 1995. Um das Jahr 2000 habe es sich auf den Fachbereich Orthopädie und Unfallchirurgie spezialisiert, nicht hingegen auf die Behandlung neurologischer Erkrankungen. Diskriminierung sei das nicht.

Obwohl die Hebehilfe seitdem jeweils nur von einer Handvoll Menschen in Anspruch genommen werde, habe man sie bis jetzt weiterbetrieben. Die jährlichen Unterhaltungskosten seien auf inzwischen 2400 Euro angestiegen, als zusätzliches Angebot könne eine solche Vorrichtung aber nicht bei den Krankenkassen abgerechnet werden.

Generell sei der Betrieb eines Bewegungsbads sehr kostspielig - 22.350 Euro koste die Unterhaltung im Jahr, noch einmal die gleiche Summe müssten an Reinigungskosten aufgebracht werden.

Stommel will Angebot aufrechterhalten

Für eine Einheit von 20 bis 30 Minuten Physiotherapie im Trockenen erstatteten die Krankenkassen dem Reha-Zentrum brutto 17,16 Euro, für eine Einheit im Wasser 18,15 Euro. "Das ist nicht mal ein Euro mehr", sagt Stommel. Weil sie so kaum wirtschaftlich zu betreiben sind, wurden die Bäder in vielen Krankenhäusern, beispielsweise auch in der Bonner Uni-Klinik und im JohanniterKrankenhaus, ganz abgeschafft.

Stommel will das Angebot dennoch aufrechterhalten. Im Herbst wird das Becken im Reha-Zentrum sogar saniert. Die zusätzlichen Kosten für den Lifter brächten das Fass aber zum Überlaufen, so Stommel.

Ein paar Bewegungsbäder mit Zugang für Rollstuhlfahrer gibt es in Bonn weiterhin, beispielsweise im Maltester-Krankenhaus auf dem Hardtberg und im Gustav-Heinemann-Haus in Tannenbusch.

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