Jecke Wiever in Beuel Walzer mit Willy

Beuel · Vor 4 mal 11 Jahren regierte Eva-Maria I. Sie war die Jubiläumswäscherprinzessin. Denn 1973 feierte die Beueler Weiberfastnacht 150-jähriges Bestehen. Erna Neubauer amtierte damals erstmals als Obermöhn.

 Schau mir in die Auge, Kanzler: Eva-Maria I. (damals Kranz, heute Zwiebler) und Williy Brandt tanzen einen Walzer im Kanzleramt.

Schau mir in die Auge, Kanzler: Eva-Maria I. (damals Kranz, heute Zwiebler) und Williy Brandt tanzen einen Walzer im Kanzleramt.

Foto: privat

Wenn am heutigen Weiberfastnachtstag Tausende Möhnen die erste Angriffswelle auf das Beueler Rathaus starten, um Wäscherprinzessin Luisa I. (Braun) an die Narrenmacht zu putschen, dann werden sich zwei Frauen gerne an 1973 erinnern. Warum gerade 1973? Es gibt drei Gründe: Erstens: Das Jahr liegt 44 Jahre – also 4 mal 11 Jahre – zurück. Zweitens: Damals feierte das in dieser Form einzigartig zelebrierte Brauchtum in Beuel sein 150-jähriges Bestehen. Drittens: Erna Neubauer amtierte erstmals als Obermöhn.

„Ich hatte die wunderschöne Ehre und Aufgabe, als Eva-Maria I. zu diesem besonderen Ereignis als Jubiläumswäscherprinzessin zu regieren“, erinnerte sich Evi Zwiebler. Für die heute 63-Jährige setzte im Gespräch mit dem GA ein lebendiges Kopfkino ein. Aus ihr sprudelten die Erinnerungen heraus, als ob es gestern gewesen wäre. Was war damals anders als heute? Evi Zwiebler: „Die Wäscherprinzessin trug früher einen weißen Mini-Rock. Der persönliche Empfang fand zu Hause im Wohnzimmer statt. Und die Proklamation ging noch in der Turnhalle an der Ringstraße über die Bühne, und die Amtszeit dauerte meistens nur zwei Wochen.“

Und was hat sich bis heute nicht geändert? Evi Zwiebler: „Ich hatte damals schon sehr viele Auftritte. Allerdings gab es so gut wie keine Auftritte bei Firmen. Wir sind hauptsächlich zu Vereinsveranstaltungen gegangen.“ Und damals wie heute galt: Ohne Männer funktioniert das Weiberspektakel nicht. „Tolerante Ehemänner, die zu Hause einspringen und Aufgaben der Frauen übernehmen, sind erforderlich, damit die Damenkomitees ihrem Hobby nachgehen können“, erklärte Erna Neubauer, die von 1973 bis 1998 als Obermöhn als Frontfrau der Beueler Weiberfastnacht agierte.

1969 begann Zwieblers karnevalistische Karriere

Die 87-Jährige ist heute Ehrenobermöhn und wird nach wie vor als „grande dame“ der Weiberfastnacht verehrt. Für sie bedeutete das Jahr 1973 der berühmte „Sprung ins kalte Wasser“. Ihre Vorgängerin Maria Balzer trat überraschend krankheitsbedingt zurück. Als Stellvertreterin meisterte Neubauer ihre Feuertaufe mit Bravour. Bis 1998 waren ihre Markenzeichen Charme, Esprit und Mutterwitz. Es machte ihr nichts aus, im Karneval mit den Großen der Nation auf einem Parkett zu stehen – egal, ob im Kanzleramt oder Auge in Auge mit dem Kölner Dreigestirn.

„Ich begann meine karnevalistische Ausbildung 1969 als Pagin des Alten Beueler Damenkomitees und durfte danach noch zwei Jahre als Wäscherin bei Helga I. (Becker) und Ulrike I. (Ingerberg geb.Winterscheidt) schon einmal Prinzessinnenluft schnuppern“, erzählte Evi Zwiebler. An ihre Proklamation kann sie sich noch gut erinnern: „Der damalige Bonner Oberbürgermeister Peter Kraemer überreichte mir das Bröckemännche und bützte mich hinter einem geöffneten Regenschirm – soviel Diskretion musste damals sein!“

Unter dem Motto: „150 Jahre Freud – su wor et und su bliev et heut“ zogen Eva-Maria I. durch die Säle. Der städtische Chauffeur von Bürgermeister Hans Steger fuhr die Obermöhn, die Wäscherinnen und die Prinzessin mit dem Dienst-Mercedes von Termin zu Termin. Die Equipe kutschierte mit Privatautos hinterher. Das Ein- und Aussteigen war mit dem Mini-Prinzessinnenkleid einfach. Das Kostüm, natürlich aus blauem Samt und weißer Spitze, hängt heute noch im Fundusschrank von Evi Zwiebler.

„Besonders gut in Erinnerung ist mir der Empfang im Bonner Kanzleramt geblieben. Der damalige Bundeskanzler Willy Brandt forderte mich zu einem Tänzchen auf und die zahlreichen Fotografen hatten ihr Karnevalsmotiv“, sagte Evi Zwiebler, die nach ihrer Tollitätenzeit dem Alten Beueler Damenkomitee treu geblieben ist. Viele Jahre war sie im Vorstand und auch als Vize-Präsidentin aktiv, bevor sie Erna Neubauer 1998 als Präsidentin und Obermöhn ablöste. „So konnte ich den Wandel im Karneval hautnah miterleben und freue mich, dass trotz aller gesellschaftlichen Veränderungen die Beueler Weiberfastnacht nach wie vor ein besonderes karnevalistisches Aushängeschild der Stadt Bonn ist“, so Zwiebler. Viele Jahre war sie Leiterin des Bonner Bürgeramtes und auch WCCB-Projektleiterin. Nach einigen Jahren der „Auszeit“ mischt sie nun wieder aktiv im Komitee mit. „Als Pensionärin habe ich jetzt etwas mehr freie Zeit und auch wieder Lust dazu“, sagte Evi Zwiebler.

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