100 Jahre "Beueler Pänz" Von der Kleinkinderschule zur Kita

BEUEL-MITTE · Lautes Lachen und fröhliche Kinderstimmen sind schon von weitem zu hören. Gerade ist der Morgenkreis beendet und die Mädchen und Jungen habe freie Zeit zum Spielen.

 "Die Pflegerinnen führen ihr Amt im Sinne des guten Hirten Jesus Christus. Sie werden wie eine fromme christliche Mutter besorgt sein" Aus dem Anstellungsvertrag von 1921

"Die Pflegerinnen führen ihr Amt im Sinne des guten Hirten Jesus Christus. Sie werden wie eine fromme christliche Mutter besorgt sein" Aus dem Anstellungsvertrag von 1921

Foto: privat

"In der modernen Kindertagesstätte bekennen wir uns zu den Rechten der UN-Kinderrechtskonvention und stellen das Kindeswohl in den Mittelpunkt unserer Arbeit", sagt Nicole Loebach, die die Kindertagesstätte "Beueler Pänz" seit 2014 leitet. Neben den Schutzrechten vor körperlicher und geistiger Gewalt sind die Förderrechte von großer Bedeutung, zum Beispiel das Recht auf bestmögliche Entwicklung und das Recht auf Förderung von Kindern mit Behinderung. "Wir beziehen die Kinder aktiv in das Angebot ein, entwickeln individuelle Förderprogramme. Dazu kommen Beratungsangebote für die Eltern. Heute ist die Kindertagesstätte eine Einrichtung für die ganze Familie", erklärt Loebach.

Die Kita "Beueler Pänz" in der Neustraße 4 neben der Versöhnungskirche blickt auf eine spannende Entwicklung zurück. Denn vor hundert Jahren wurde sie als Kleinkinderschule gegründet. Im 19. Jahrhundert gab es vor allem drei Angebotsformen: die Kleinkinderbewahranstalt für Kinder aus sozial schwachen Familien, die Kleinkinderschule und den Kindergarten für alle Kinder.

Die Kleinkinderschulen hatten eine christlich-missionarische Ausrichtung, die die sittlich-religiöse Bildung der Kinder in den Mittelpunkt stellte, so auch in Beuel. Im Frühjahr 1915 kaufte die Evangelische Gemeinde das Grundstück Neustraße 4. Und am 1. November 1915 wurde im Hinterhaus des Gebäudes Wilhelmstraße 110 die Kleinkinderschule eröffnet. "Die Beueler Pänz wurden durch die Lehrerin Charlotte Bast, bekannt als Tante Lottchen, geleitet. Dann folgten die Bad Kreuznacher Diakonissen Schwester Maria Berghaus und Lieselotte Laudert, die die Einrichtung 50 Jahre lang prägten", erklärt Heike Lipski-Melchior, Pfarrerin der Versöhnungskirche.

Sie hat in den historischen Archiven recherchiert: "Im Rückblick staunt man über die Herausforderungen, denen sich die Frauen stellen. In einem Vertrag von 1921 heißt es: "Einer Schwester können höchstens 60 Kinder zur Pflege übergeben werden", so Lipski-Melchior. Heute undenkbar für das Team um Nicole Loebach. Die Beueler Pänz sind 45 Kinder, die von sieben pädagogischen Fachkräften, einer Hauswirtschaftskraft und einer Einkaufshilfe betreut werden. "Doch auch schon damals stand das Wohl der Kinder im Mittelpunkt", sagt die Pfarrerin und zitiert aus einer Dienstanweisung aus dem Jahr 1921: "Die Kinder-Pflegerinnen führen ihr Amt... im Sinne des guten Hirten Jesus Christus... Sie werden also, wie nur eine treue und fromme christliche Mutter es zu tun vermag, ernstlich und gewissenhaft besorgt sein, sowohl für der Kinder leibliches wie ihr geistiges und geistliches Wohlergehen".

Wie sich das Bild der Kita-Arbeit wandelte, zeigt ein Dokument aus dem Jahr 1968. Danach sollten die Kindergärten den Eltern bei der Erziehung der Kinder zum christlichen Glauben helfen und überforderte Mütter entlasten. Von 1978 bis 2007 leitete und prägte Gudrun Möller den Kindergarten. "Elternfreundlichkeit" und das gemeinsame Tun und Feiern von Eltern und Kindern waren charakteristisch für diese Zeit. Seit 2013 hat die KJF - Gemeinnützige Evangelische Gesellschaft für Kind, Jugend, Familie - die Trägerschaft übernommen und kreierte den Namen "Beueler Pänz".

100 Jahre Kita an der Neustraße sind ein echter Grund zum Feiern: Dazu laden die Evangelische Kirchengemeinde Beuel und die KJF-Kita "Beueler Pänz" für Sonntag, 31. Mai, zum Gemeindefest ein unter dem Motto "Und er (Jesus) stellte ein Kind in ihre Mitte".

Leser, die sich oder andere auf den hier gezeigten Fotos wiedererkennen, können sich an beuel@ga.de oder telefonisch unter 02 28/66 88-466 und -454 wenden.

Kindergarten-Erfinder Friedrich Fröbel

Erfinder des Kindergartens war Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782-1852). Er gründete den ersten Kindergarten 1840 in Blankenburg in Thüringen. Laut dem heute dort ansässigen Friedrich-Fröbel-Museum hat der Pädagoge mit seiner Konzeption zur Theorie und Praxis des Kindergartens weltweit zu weitreichenden Veränderungen der pädagogischen Praxis geführt. Das Modell Kindergarten sei zugleich eine neue kulturelle Form, Arbeit, Familie und Kinderbetreuung miteinander zu verknüpfen.

Der von Fröbel geschaffene Beruf der Kindergärtnerin sei ein wesentlicher Beitrag zur Emanzipation der Frau im 19. Jahrhundert gewesen, so das Museum.

Gemeindefest am 31. Mai

l 10 Uhr Familiengottesdienst in der Versöhnungskirche;

l 11.15 Uhr musikalische Begrüßung: Blechlawine und Jungbläsergruppe "Wickie und die starken Töne"; Tanz der Kindergartenkinder;

l 12 bis 16 Uhr Spielen und Basteln für Kinder sowie Kaffee und Kuchen;

l 13 Uhr Canto-Singen für alle;

l 14.30 Uhr Zeitzeugeninterviews;

l 16 Uhr Abschlusskonzert, Versöhnungskirche, "Missa Gaia" von Paul Winter; Chost "Haste Töne" unter Leitung von Kantor Hubert Arnold.

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