Interview mit Bildhauerin Elisabeth Perger Die Entstehung einer Steinheiligen

Zu ihrem 1000. Todestag soll die heilige Adelheid von Vilich erstmals eine figürliche Darstellung im öffentlichen Raum bekommen - eine fast lebensgroße Statue der einstigen Äbtissin wird im Sommer vor Sankt Peter in Vilich aufgestellt. Mit der Bildhauerin Elisabeth Perger, in deren Kerpener Atelier die Skulptur der Bonner Stadtpatronin entsteht, sprach Johanna Heinz.

 Langsam trägt Bildhauerin Elisabeth Perger in ihrem Atelier Schicht für Schicht ab.

Langsam trägt Bildhauerin Elisabeth Perger in ihrem Atelier Schicht für Schicht ab.

Foto: Axel Gläser

Frau Perger, wie viel Stein ist noch und wie viel Adelheid schon da?
Elisabeth Perger: Ich habe errechnet, dass von dem ursprünglich 1,3 Tonnen schweren Block am Ende etwa ein Drittel stehen bleibt - zwei Drittel also weichen müssen. Ich schätze, die Hälfte davon ist schon heruntergearbeitet. Langsam komme ich also an einen Punkt, an dem ich klare Entscheidungen treffen muss.

Wie darf man sich das denn vorstellen: Sie haben ja vorher Entwürfe gemacht. Halten Sie sich strikt daran oder entwickelt sich die Statue, während Sie sie fertigen?
Perger: Das Modell, was ich gefertigt habe, ist aus Ton aufgebaut und dann in Gips abgeformt - also modelliert. Was ich jetzt tue, ist etwas ganz anderes: Ich trage aus dem vollen Material ab. Die Figur bekommt dadurch automatisch einen anderen Charakter. Vom Aufbau her aber ist beides gleich.

Wie nähert man sich einer historischen Figur, einer Heiligen wie Adelheid an?
Perger: Die Annäherung an diese Frau, an diese Person und Heilige hat überraschend gut geklappt. Ich bin ehrlich gesagt erst durch den Auftrag mit ihr bekannt geworden. Der Zugang fand über zwei Wege statt: Zum einen die Lektüre der nach ihrem Tod entstandenen Lebensbeschreibung "Vita Adelheidis", die mir die Gemeinde Sankt Peter zugeschickt hat, bevor wir uns das erste Mal getroffen haben. Außerdem bin ich selbst in Köln aufgewachsen und habe dort Bildhauerei studiert. Zu meiner Studienzeit wurden gerade die romanischen Kirchen alle mit ihrer Restaurierung fertig. Dort habe ich mich sehr viel aufgehalten. Insofern habe ich sehr viele Orte besucht, die auch Adelheid gesehen hat, zum Beispiel das Kloster Maria im Kapitol - da sind 1000 Jahre auf einmal gar nicht so lang. Im Kölner Dom gibt es auch das bekannte Gerokreuz, das aus der Zeit von Adelheid stammt. Mir selbst bedeutet diese Plastik sehr viel: Immer, wenn ich in den Dom gehe, stehe ich davor. Ich habe mir dann vorgestellt, dass die heilige Adelheid vielleicht auch davor gebetet hat oder davon beeindruckt war.

Mit welchen Merkmalen und Beigaben statten Sie die Statue aus und warum?
Berger: Außer der Vita Adelheidis habe ich von der Gemeinde einen kleinen Kalender von 2010 bekommen, für den die Autoren Darstellungen von Adelheid gesammelt haben, immerhin zwölf Stück. Die waren für mich ein guter Ausgangspunkt, um mich der Ikonografie anzunähern, also der Analyse und Deutung der Bildelemente. Sie variieren sehr stark zwischen der Darstellung der Adeligen und der Klosterfrau.

Worauf legen Sie den Fokus?
Perger: In meiner Darstellung habe ich beides vermischt. Ich habe ihr ein Klostergewand angelegt und der Äbtissinnen-Stab ist, wie in vielen Darstellungen, sehr dominant. Ich habe ihr aber kein Tuch über den Kopf gelegt, sondern das Haar offen gelassen. Das soll einen Übergang darstellen von der weltlichen Frau zur Klosterfrau und letztendlich zur Heiligen. Das unbedeckte Haar weist darauf hin, dass Adelheid auch eine Frau aus dem Leben war. Es wird in der Vita zitiert, dass sie eben auch schöne Kleider geschätzt hat und sie nicht so rigoros entscheiden konnte, die Benediktusregel des Klosters anzunehmen, sondern auch ihre Weiblichkeit gelebt hat.

Und Sie haben ihr eine Schülerin zur Seite gestellt ...
Perger: Diese Anregung kam von den Buntglasfenstern in Sankt Peter. Auf einem ist Adelheid als Lehrende dargestellt, in inniger Beziehung zur Schülerin. Es ist schön, sie nicht allein zu lassen auf ihrem Sockel, sondern eine Beziehung darstellen zu können. Die Vita berichtet davon, wie wichtig ihr der Unterricht der jungen Frauen war. Sie ist wohl eine sehr gelehrte Frau gewesen, aber eben auch sehr tatkräftig.

Welchen Stein haben Sie ausgewählt und warum?
Perger: Mit dem Material, Anröchter Grünstein, habe ich vorher schon gearbeitet. Es ist ein sehr festes Material. Die Statue soll ja im Freien stehen und natürlich eine gewisse Festigkeit aufweisen. Sie steht nur auf 90 Zentimetern Höhe, ist selbst mit 140 Zentimetern unterlebensgroß, man kann um sie herumgehen. Insofern ist die Skulptur eigentlich auch etwas zum Anfassen. Sie braucht also Widerstandsfähigkeit.

Widerstandsfähigkeit bedeutet für Sie aber auch körperlich sehr anstrengende Arbeit, oder nicht?
Perger: Das ist richtig. Die Figur ist mit vielen Details, also sehr aufwendig geformt. Meine Erfahrung mit fast lebensgroßen Steinfiguren ist zwar nicht gering, aber ich habe dabei bislang immer mit wesentlich weicheren Materialien gearbeitet. Insofern ist der Zeitaufwand jetzt viel höher.

Es handelt sich ja um eine Auftragsarbeit: Steht dieser Aspekt beim Arbeiten im Vordergrund?
Perger: In dem Moment, in dem man arbeitet, ist das zweitrangig. Grundsätzlich habe ich mich sehr gefreut über diesen Auftrag, weil es das ist, was ich am liebsten mache: Figurendarstellungen.

Warum sind Sie Bildhauerin geworden?
Perger: Ich habe nach dem Abitur geschwankt zwischen dem Lehrerberuf - ich hätte die Fächer Kunst und Religion gewählt - und der freien Kunst. Mein Vater, der leider sehr früh gestorben ist, ist ebenfalls Bildhauer gewesen. Meine Mutter hat Malerei studiert. So hatte ich gleich einen Zugang, das auszuprobieren. In einem Praktikum habe ich getestet, wie es ist, zu unterrichten und habe gemerkt: Es ist eine schöne Tätigkeit, aber mich reizt es mehr, selbst am Werkstoff zu arbeiten. Somit war die Entscheidung klar.

Was sind die nächsten Schritte bis zur Fertigstellung?
Perger: Eine genaue zeitliche Prognose, wann die Statue fertig sein wird, traue ich mir nicht zu. Auch an den Details und der Oberfläche kann man sich noch lange Zeit aufhalten. Im ersten Quartal soll sie möglichst fertig werden.

Gemeinde Vilich sammelt Spenden

Bislang gibt es im öffentlichen Raum in Bonn noch keine figürliche Darstellung der heiligen Adelheid. Das soll sich im Jubiläumsjahr 2015 nun ändern. Die Statue der Stadtpatronin soll im Sommer ihren Platz vor der einstigen Stiftskirche Sankt Peter in Vilich finden. Rund 35.000 Euro sollen die Fertigung der Skulptur und des Fundaments, die Pflasterung der Wege und die Landschaftsarbeiten rund um die neue Statue kosten. Dafür bittet die Gemeinde Vilich um Spenden. Durch ihre Spende könnten Bürger selbst auch ein Stück des überflüssigen Steins erwerben, kündigte Pfarrer Michael Dörr an. Bis die große Statue aus Stein entstanden ist, kann das hier abgebildete Modell im Adelheidis-Chörchen der Vilicher Kirche besichtigt werden.

Weitere Infos zum Projekt, zum Spendenkonto und zum Festjahr mit umfangreichem Programm gibt es unter www.adelheidjahr.de

Zur Person

Elisabeth Perger wurde 1960 in Krefeld geboren. Sie ist in Köln aufgewachsen und hat dort 1980 bis 1990 Bildhauerei bei Hans Karl Burgeff an der Fachhochschule für Kunst und Design studiert.

Unter anderem hat sie sieben Figuren für den Kölner Ratsturm, für die neu gebaute Kirche in Köln-Blumenberg ein Abbild der heiligen Katharina von Siena und für die Hauskapelle des Hauses Altenberg in Odenthal eine Pietà gefertigt. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Kerpen.

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